Süddeutsche Zeitung

Urteil gegen Priester:Sechs Jahre Haft für Missbrauch in 250 Fällen

"Er hat das besondere Vertrauensverhältnis systematisch ausgenutzt": Das Landgericht Braunschweig hat einen katholischen Priester des hundertfachen Missbrauchs an drei Jungen für schuldig befunden. Der Mann muss für sechs Jahre ins Gefängnis. Über seine berufliche Zukunft muss indes noch entschieden werden.

Über Jahre hinweg hat sich der Priester an den drei Jungen vergangen, immer und immer wieder: Für Missbrauch in 250 Fällen wurde der Mann nun vom Landgericht Braunschweig schuldig gesprochen. Er muss für sechs Jahre ins Gefängnis.

Der 46-Jährige habe drei neun bis 15 Jahre alten Jungen hundertfach sexuell missbraucht, urteilte das Landgericht Braunschweig am Donnerstag. "Er hat das besondere Vertrauensverhältnis systematisch ausgenutzt, das er als katholischer Geistlicher hatte", begründete der Vorsitzende Richter Manfred Teiwes das Urteil.

"Ich dachte, er sei ein hilfsbereiter, guter Freund"

Nachdem das Gericht ihm einen Strafrahmen von sechs bis sechseinhalb Jahren in Aussicht gestellt hatte, gab der Geistliche am ersten Verhandlungstag den Missbrauch in vollem Umfang zu. Um den Prozess nicht zu verlängern und um den Opfern weitere Aussagen zu ersparen, wurden von den anfangs 280 Fällen 30 nicht weiter verfolgt. In diesen Fällen fiel den Ermittlern die zeitliche Einordnung schwer.

Der Mann hatte von 2004 an zunächst das Vertrauen einer Witwe ausgenutzt. Sie hatte arglos die vom Priester forcierte Freundschaft zu ihrem damals neunjährigen Sohn geduldet. "Ich dachte, er sei ein hilfsbereiter, guter Freund", sagte sie während des Prozesses aus. Der Junge wurde von dem Geistlichen betreut, schlief regelmäßig an Wochenenden bei ihm und fuhr mit ihm in den Urlaub. Nachdem der Mutter das Verhältnis zu eng geworden war, schaltete sie den Weihbischof ein, der dem Priester im Jahr 2006 den Kontakt zu dem Jungen verbot.

Kurze Zeit später freundete sich der Geistliche mit einer anderen Familie mit zwei Söhnen an, die er ebenfalls missbrauchte.

Neben dem juristischen erwartet den Pfarrer nun noch ein kirchenrechtliches Verfahren. Das Bistum Hildesheim will die Ergebnisse der kirchlichen Voruntersuchung mit dem Gerichtsurteil zur Glaubenskongregation nach Rom schicken. "Entweder wird das Verfahren dann in Rom entschieden oder an das Bistum zurückverwiesen", erläuterte Bistumssprecher Michael Lukas. Der 46-Jährige müsse damit rechnen, aus dem Priesterdienst entlassen zu werden.

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