Breslau/Dresden/Potsdam (dpa) - In mehreren Flüssen im Osten Deutschlands steigen die Wasserstände. In Brandenburg traten die Lausitzer Neiße, Elbe und Spree über die Ufer. In Sachsen zeigte sich Landesumweltminister Wolfram Günther (Grüne) zuversichtlich, dass die Überschwemmungen den Freistaat weniger dramatisch treffen könnten als befürchtet. Dagegen bleibt die Lage in den Hochwassergebieten von Polen, Tschechien bis hin nach Österreich angespannt. Die Zahl der Todesopfer stieg indes auf insgesamt mehr als 20.
Aus Österreich und Polen wurden am Dienstag weitere Todesfälle gemeldet. In Niederösterreich entdeckten Einsatzkräfte nach Angaben der Behörden die Leiche einer 81-Jährigen in ihrem überschwemmten Haus in Würmla. In Polen starben zwei Männer. Wie die Nachrichtenagentur PAP unter Berufung auf die Polizei meldet, wurde die Leiche des einen Mannes in einem Auto im Südwesten des Landes entdeckt. Der zweite Tote sei aus einem Fluss geborgen worden. Es wird damit gerechnet, dass die Gesamtzahl der Toten weiter steigen dürfte.
Die Einsatzkräfte in Sachsen schauen auf die Lage im benachbarten Tschechien, wo die Elbe entspringt. Für zahlreiche Pegel im Nachbarland gilt die höchste Alarmstufe. Die Armee kam zur Unterstützung zum Einsatz. Im nordböhmischen Usti nad Labem (Aussig an der Elbe) nahe der Grenze zu Sachsen sollte die Scheitelwelle der Elbe nun erst am Mittwoch eintreffen. Es wurde mit einem Höchststand von rund 6,7 Metern gerechnet. Vor den Unwettern lag der Wasserstand dort bei weniger als zwei Metern.
Wasserstand der Elbe steigt
Sachsens Umweltminister schätzte ein: Angesichts der dramatischen Bilder aus Ost- und Südosteuropa werde der Freistaat „vergleichsweise glimpflich davonkommen“. Die Pegelstände seien niedriger als zwischenzeitlich befürchtet. Die Wasserstände der Flüsse im Osten Sachsens wie Schwarze Elster gingen nach Ende heftiger Regenfälle zurück.
Die Elbe indes schwillt weiterhin an - und wird auch noch länger Hochwasser führen. Am frühen Abend wurden am Pegel der Landeshauptstadt Dresden 5,90 Meter gemessen - normal sind 1,42 Meter. Bei der Jahrhundertflut 2002 waren es 9,40 Meter.
Daraus habe das Bundesland Lehren gezogen, erklärte Minister Günther: „Wir haben 3,3 Milliarden Euro in den Hochwasserschutz investiert“, unter anderem auch in Informations- und Vorhersage-Dienste sowie das Alarmsystem. Das habe sich beim Hochwasser 2013, der Belastungsprobe, bewährt und geschätzt 450 Millionen Euro Schäden verhindert.
Erste Vorkehrungen werden in Brandenburg getroffen
In Brandenburg bereiten sich die Behörden auf steigende Wasserstände angesichts des Hochwassers im Nachbarland Polen vor. Es gilt bislang Hochwasser-Alarmstufe 1 zum Beispiel am Pegel der Lausitzer Neiße in Klein Bademeusel bei Cottbus, wie aus dem Hochwasserportal des Landes hervorgeht. Bei der untersten Alarmstufe 1 von insgesamt vier Stufen beginnen Gewässer übers Ufer zu treten.
Die Regionen treffen erste Vorkehrungen, Krisenstäbe tagten. In Spremberg wurden etwa Fahrrad- und Fußgängerunterführungen an einigen Stellen gesperrt. An der Oder ist laut Landesamt für Umwelt ab Freitag die Alarmstufe 3 und später sogar 4 möglich - etwa am Sonntag bei Ratzdorf südlich von Frankfurt/Oder. Bei der höchsten Stufe 4 geht es um die Katastrophenabwehr, dazu gehört auch die Vorbereitung von Evakuierungen.
Lage in Österreich und Polen
In Polen ist zumindest beim Wetter Entspannung angesagt. Nach Angaben von Meteorologen zieht ein Regengebiet dort nun ab. Vor allem der Südwesten ist von Überschwemmungen betroffen. In der Kleinstadt Nysa rund 90 Kilometer südlich von Breslau (Wroclaw) verhinderten Einwohner, Feuerwehr und Soldaten, dass Wassermassen der Glatzer Neiße einen Deich durchbrachen, der das Stadtzentrum schützt.
Auch im Osten Österreichs hatte Dauerregen weite Landstriche unter Wasser gesetzt. An vielen Mess-Stationen fiel binnen kurzer Zeit ein Mehrfaches der sonst im ganzen September üblichen Regenmenge. In Niederösterreich ist nach Angaben der Einsatzleitung die Gefahr von Dammbrüchen weiter hoch. Der Regen hat allerdings aufgehört.
Forscher raten zum Umdenken bei Hochwasserschutz
Das Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) fordert zum Schutz vor Hochwasser ein Umdenken beim Umgang mit Flüssen. „Erst der Mensch hat durch Begradigungen und zu eng geführte Deiche Flüsse geschaffen, in denen Hochwasserwellen schneller und höher anschwellen“, kritisierte IGB-Forscherin Sonja Jähnig. Technische Anlagen bieten ihr zufolge keinen absoluten Schutz. „Sie greifen stark in die Gewässerstruktur ein, sind teuer und lassen sich nur schwer an zunehmende Hochwasserereignisse anpassen“. IGB-Forscher plädieren dafür, den Flüssen mehr Raum zu geben und Auenlandschaften zu schaffen, in denen das Wasser zurückgehalten wird.
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