Italien:Tote bei Überschwemmungen in der Region um Bologna und Rimini

Italien: Carabinieri tragen in Faenza Anwohner huckepack durch die überschwemmten Straßen.

Carabinieri tragen in Faenza Anwohner huckepack durch die überschwemmten Straßen.

(Foto: Arma dei Carabinieri/dpa)

Es ist die zweite Flut binnen zwei Wochen nach langer Trockenheit: In der Region Emilia-Romagna ist die Lage nach heftigen Unwettern dramatisch. Mindestens neun Menschen kommen ums Leben, Tausende müssen aus ihren Häusern.

Regen, Regen, zwei Tage lang nichts als Regen. Flüsse sind über die Ufer getreten, selbst kleine Bäche haben sich in reißende Ströme verwandelt, die alles auf ihrem Weg mitreißen. Schlamm und Geröll liegt auf den Straßen, Brücken und einzelne Häuser sind eingestürzt, Rettungskräfte bringen in den Fluten eingeschlossene Menschen mit Schlauchbooten oder auf ihren Schultern in Sicherheit: In den italienischen Regionen Emilia-Romagna und Marken sind nach einem schweren Unwetter offiziellen Angaben nach mindestens neun Menschen ums Leben gekommen. Auch eine Deutsche soll ums Leben gekommen sein, ihre Leiche wurde am Strand der Gemeinde Cesenatico gefunden.

Wegen der außergewöhnlich heftigen Niederschläge seit Wochenbeginn traten 21 Flüsse in der Region über die Ufer. 37 Gemeinden waren vom Hochwasser betroffen. Die Behörden registrierten zudem 250 Erdrutsche, 120 davon mit schweren Folgen. Regionalpräsident Stefano Bonaccini sprach von "unglaublichen Zahlen und sehr vielen Evakuierten". Unter anderem in der Provinz Ravenna und rund um die Hauptstadt Bologna mussten mehrere Tausend Menschen ihre Häuser verlassen und in Sicherheit gebracht werden. Der Zivilschutz berichtete von etwa 50 000 Menschen ohne Strom und 100 000 ohne Mobilfunknetz. Der regionale Bahnverkehr in der Emilia-Romagna wurde komplett eingestellt. Auf der Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Florenz und Bologna durften Züge nur langsamer fahren.

Italien: Land unter: Dieses von der italienischen Feuerwehr zur Verfügung gestellte Bild zeigt überflutete Häuser in der Region Emilia-Romagna.

Land unter: Dieses von der italienischen Feuerwehr zur Verfügung gestellte Bild zeigt überflutete Häuser in der Region Emilia-Romagna.

(Foto: Uncredited/dpa)

Wie dramatisch die Lage ist, zeigen Fotos und Videos der Feuerwehr und italienischer Medien. Da ist das Video von der völlig überfluteten A 14, einer der wichtigsten Straßenverbindungen Italiens. Viele Deutsche nutzen die Autobahn, um in die Ferienorte an der Adria zu fahren, nach Rimini zum Beispiel. Die Zeitung La Repubblica zeigt die Aufnahmen, die ein Feuerwehrmann an einer Stelle zwischen den Städten Forlì und Faenza gemacht hat. Dreckiges braunes Wasser läuft in einem riesigen, mindestens kniehoch über der Fahrbahn stehenden Schwall über die Fahrbahn, am Rande des Bildschirms kann man die Leitplanken erkennen.

Auch aus Bologna gibt es Aufnahmen, die schwere Überschwemmungen zeigen. Normalerweise ist Bologna die Stadt der Arkaden - in der Innenstadt ermöglichen sie, dass man selbst bei starken Regen trockenen Fußes durch die Straßen flanieren kann. Aber jetzt drückten die Fluten die Kanaldeckel hoch und das dreckige Wasser ergoss sich über die Straßen. Der Ravone, normalerweise eher ein Bächlein, führte derart viel Wasser, dass die Stadtverwaltung die Warnung ausgerufen hat, dass sich Anwohner möglichst in die oberen Stockwerke der Häuser begeben sollen.

Erst Dürre, danach Überschwemmungen

Seit zwei Tagen regnete es in der Region. Es ist bereits das zweite Starkregen-Ereignis innerhalb kurzer Zeit. Schon Anfang Mai hatte es in der Emilia-Romagna schwere Überschwemmungen gegeben, zwei Menschen kamen ums Leben. Zuvor sah es ganz anders aus: Es herrschte Dürre in Norditalien. Sowohl im Hitzesommer des vergangenen Jahres als auch im zurückliegenden Herbst und Winter fiel sehr wenig Regen, der Fluss Po führte immer weniger Wasser, trocknete an manchen Stellen fast aus.

Besonders wenn Starkregen auf trockene Böden fällt, besteht die Gefahr von Hochwasser, da die Böden das Wasser nicht aufnehmen können. Man müsse sich in Zukunft auf lange Perioden der Trockenheit und sehr kurze Perioden von sehr starkem Regen vorbereiten, sagte Zivilschutzminister Nello Musumeci. In 36 Stunden habe es pro Quadratmeter durchschnittlich 200 Liter Wasser geregnet, in manchen Gegenden sogar 500 Liter. Musumeci erklärte, dass es normalerweise in jenen Regionen 1000 Liter Wasser in einem ganzen Jahr regnet. Die höchste Warnstufe Rot rief der Zivilschutz auch für Donnerstag aus.

Am stärksten betroffen von dem jetzigen Unwetter waren die Provinzen Ravenna, Forlì-Cesena, Rimini und Bologna - und dort insbesondere die Städte Faenza, Cesena und Forlì, wie die italienische Feuerwehr mitteilte. Die Feuerwehr rückte zu Hunderten Einsätzen ein. Die Helfer retteten Menschen, die in ihren Häusern vom Wasser eingeschlossen waren, oder in den Wassermassen gestrandete Autofahrer.

Italien: Auch in Bologna sind nach dem Starkregen die Straßen überflutet.

Auch in Bologna sind nach dem Starkregen die Straßen überflutet.

(Foto: Sergio Agazzi/Imago/Independent Photo Agency)

In der Stadt Cesena, wo der Fluss Savio über die Ufer trat, retteten die Einsatzkräfte Dutzende Menschen, die auf den Dächern ihrer Häuser festsaßen. Ganze Straßenzüge standen unter Wasser, Schlammlawinen blockierten Straßen und Felder glichen wegen der Wassermassen Seelandschaften. Eine Reihe von Fern- und Regionalstraßen war gesperrt beziehungsweise wurde für Rettungsfahrzeuge freigehalten.

In mehreren Teilen der Stadt Faenza fiel der Strom aus, auch bei den Telefonverbindungen gab es Probleme. In den betroffenen Gebieten arbeiteten auch Einsatzkräfte der italienischen Bergrettung. Eine Frau in Faenza berichtete, wie schnell sich die Wassermassen ihren Weg ebneten - innerhalb von zehn Minuten stieg das Wasser nach ihren Worten fast bis zum ersten Stock ihres Hauses. "Eine Nachbarin von mir war allein mit vier kleinen Kindern im Haus, sie rief um Hilfe und niemand kam. Wir blieben die ganze Nacht bei ihnen, im Schlafanzug. Die Kinder weinten. Eine Katastrophe", zitierte sie die Nachrichtenagentur Ansa.

Italien: In der Stadt Cesena ist der Fluss Savio nach extremen Regenfällen über die Ufer getreten.

In der Stadt Cesena ist der Fluss Savio nach extremen Regenfällen über die Ufer getreten.

(Foto: Bernd März/dpa)

Laut Zivilschutzminister Musumeci hat die Regierung bereits zehn Millionen Euro für die ersten Ausgaben und Notfälle infolge der Überschwemmungen bewilligt. Der Zivilschutz rief die Menschen zu großer Vorsicht auf. Personen, die nicht in Sicherheit gebracht wurden, sollten sich in höhere Stockwerke begeben.

Angesichts der Lage sprach Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni den Menschen in den betroffenen Regionen ihre "volle Solidarität" aus. "Die Regierung verfolgt die Entwicklung der Ereignisse aufmerksam und ist bereit, die notwendigen Hilfsmaßnahmen zu ergreifen", schrieb sie bei Twitter.

Rennen in Imola abgesagt

Das für Sonntag angesetzte Formel-1-Rennen in Imola wurde abgesagt. "Die Entscheidung wurde getroffen, weil es nicht möglich ist, eine sichere Veranstaltung für Fans, Teams und für unser Personal zu garantieren", hieß es in der Mitteilung der Rennserie-Organisatoren. Vorausgegangen seien Gespräche mit dem Automobil-Weltverband FIA und regionalen Behörden. "Es wäre nicht richtig, den Druck auf die lokalen Behörden und Rettungskräfte in diesen schwierigen Zeiten noch weiter zu steigern." Imola liegt zwischen Bologna und Faenza.

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