Süddeutsche Zeitung

Unwetter in weiten Teilen Deutschlands:S-Bahn in Berlin entgleist

Bei einem heftigen Unwetter stürzt in Berlin ein Baum auf die Gleise, eine S-Bahn entgleist. In großen Teilen Deutschlands wüten heftige Gewitter. Auch die Besucher des Hurricane-Festivals müssen sich in Sicherheit bringen. In der Nacht sind weitere Unwetter erwartet.

Reißende Fluten auf den Straßen, voll gelaufene Keller und brennende Häuser: Unwetter mit Blitz und Donner haben in weiten Teilen Deutschlands gewütet. Es entstanden Millionenschäden. Im münsterländischen Dülmen starb ein 80-Jähriger im Kampf gegen eindringendes Wasser in einem Keller. Im schleswig-holsteinischen Brunsbüttel hielt ein Supermarkt-Dach den Wassermassen nicht stand und brach ein. Von den Unwettern waren Teile fast aller Bundesländer betroffen. Die Meteorologen warnen vor weiteren Gewittern und sogar Tornados.

Während eines schweren Unwetters ist am Donnerstagabend in Berlin eine S-Bahn entgleist. Durch den Sturm sei im Bezirk Zehlendorf ein Baum auf die Gleise gestürzt, sagte ein Polizeisprecher. Ein aus Potsdam kommender Zug der Linie S1 rammte den Baum etwa hundert Meter vor der Station und entgleiste. Die rund 250 Passagiere kamen mit dem Schrecken davon. Sie wurden mit Bussen weitertransportiert.

In Nordrhein-Westfalen richteten die Unwetter große Schäden an. Häuser und Straßen wurden überflutet, Unterführungen liefen voll. Bäume knickten um. Blitzeinschläge lösten Brände aus. Mehrere Menschen wurden verletzt. Die Feuerwehr rückte zu Hunderten Einsätzen aus. Betroffen waren vor allem der Raum Köln/Bonn, das Bergische Land, das östliche Ruhrgebiet sowie das Münsterland. In Bochum fielen in zwei Stunden mehr als 70 Liter Regen auf den Quadratmeter, die Feuerwehr rückte mehr als 350 Mal aus. "Das ist schon wie Monsun in Indien", sagte Meteorologe Thomas Ruppert.

Mehr als ein Dutzend Bahnstrecken wurde wegen Oberleitungsschäden sowie unter- oder überspülter Gleise gesperrt. Wann die Sperrungen vorbei sind, blieb zunächst unklar. Betroffen waren unter anderem die Regionen Bonn, Gummersbach, Dortmund und Münster. Züge des Fernverkehrs verspäteten sich. Für den späten Abend erwarteten die Meteorologen eine weitere Unwetterfront. In Köln-Porz befreiten Einsatzkräfte einen 71-Jährigen aus einer überfluteten Tiefgarage - er hatte seine Katze im Wasser gesucht. In Münster stürzte ein Baum um und traf ein fahrendes Auto mit vier Insassen und einen Rollerfahrer - alle fünf wurden verletzt.

Niedersachsen: "Im gesamten Gebiet ging quasi die Welt unter"

Bei der Polizei Bonn gingen bis zum frühen Nachmittag allein mehr als 850 Notrufe ein. Am Bonner Hauptbahnhof wurde eine Unterführung überschwemmt. Der Straßenbahnverkehr wurde dort unterbrochen. Auch in Düsseldorf oder Dortmund schüttete es später.

Auch in Niedersachsen war viel los: "Im gesamten Gebiet ging quasi die Welt unter", sagte Britta Breuers von der Polizeidirektion in Oldenburg. In mehreren Landkreisen Niedersachsens brannten Gebäude nach Blitzeinschlägen. In Scheeßel, wo vor Beginn des Hurricane-Festivals tausende Musikfans ankamen, forderte der Veranstalter am Donnerstagabend die Besucher auf, die Zelte zu sichern und sich in Autos in Sicherheit zu bringen.

In Schleswig-Holstein musste die Feuerwehr mehr als 1000 mal ausrücken. Laut Bahn kam es auf den Strecken Kiel-Lübeck, Büchen-Lüneburg sowie Neumünster-Kiel zu Verspätungen, weil Bäume von den Gleisen geschafft werden mussten. In Mecklenburg-Vorpommern richteten die Hitzegewitter teils erhebliche Schäden an. In Sachsen-Anhalt war nach Angaben der Polizei vor allem der Saale-Kreis im Süden betroffen. In Arendsee geriet eine Scheune in Brand. Verletzt wurde niemand.

Es könnte sogar zu Tornados kommen

Auch in weiten Teilen Sachsens tobte am Donnerstagabend ein Gewitter, nach Angaben der Polizei war vor allem das Vogtland betroffen, in Brandenburg vor allem die Märkische-Schweiz, die Niederlausitz und das Havelland. Viel Regen verursachte auch in Rheinland-Pfalz und dem Saarland Einsätze der Feuerwehr. Auf der Bahnstrecke Trier-Koblenz rutschte Erdreich auf Gleise. Sie musste zeitweise in beide Richtungen gesperrt werden.

Unterdessen geben die Wetterdienste immer neue Warnungen heraus. Bei Meteomedia in Bochum ist die Rede von einer "explosiven Mischung". Kalte Luft, die von Frankreich heranziehe, treffe auf die schwül-heiße Luft, unter der Deutschland seit einigen Tagen brütet. Laut Meteorologen könnte es sogar zu Tornados kommen. Außerdem müsse in in vielen Regionen Deutschlands mit unwetterartigen Gewittern samt Sturm, Hagel und teils extremem Starkregen gerechnet werden.

Zunächst gebe es vor allem Unwetter in den westlichen Ländern Nordrhein-Westfalen, Saarland und Rheinland-Pfalz. Im Tagesverlauf und bis in die Nacht soll dann eine neue schwere Gewitterfront von Frankreich kommend in nordöstlicher Richtung quer über die Mitte Deutschlands bis in den Osten ziehen.

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