Unwetter in Madeira:"Funchal gleicht einer Geisterstadt"

Heftige Regenfälle haben Straßen auf Madeira in reißende Flüsse verwandelt. Die Wassermassen brachten Häuser zum Einsturz und lösten Erdrutsche aus. Besonders betroffen: Die Inselhauptstadt Funchal.

Auf der portugiesischen Ferieninsel Madeira sind bei schweren Unwettern mit Überschwemmungen mindestens 42 Menschen ums Leben gekommen und mehr als 100 weitere verletzt worden. Hunderte Bewohner mussten nach Behördenangaben wegen drohender Erdrutsche am Wochenende ihre Häuser verlassen.

Unwetter in Madeira: Überschwemmung in Funchal: Zerstörung und Chaos.

Überschwemmung in Funchal: Zerstörung und Chaos.

(Foto: Foto: dpa)

Die Regionalregierung betonte am Sonntag, Touristen seien nicht unter den Todesopfern. Lissabon schickte die Fregatte Corte-Real und ein Transportflugzeug vom Typ Herkules C-130 auf die Ferieninsel, die rund 900 Kilometer vom portugiesischen Festland entfernt ist.

Heute sollten weitere Rettungskräfte der Gendarmerie und der Feuerwehr vom Festland aufbrechen. Die Behörden riefen die Inselbewohner auf, in ihren Häusern zu bleiben. Madeira liegt rund 500 Kilometer westlich vor der afrikanischen Küste.

Die Rettungskräfte befürchteten, dass die Zahl der Todesopfer steigen werde. "Wir suchen weiter nach Vermissten", sagte Behördenvertreter Francisco Ramos am Sonntag vor Journalisten. Die Helfer erwarteten dringend die von der Zentralregierung in Lissabon angekündigte Unterstützung für die Rettungseinsätze, sagte er. Es herrschten "chaotische Zustände", berichtete ein Reporter.

Der Dauerregen auf der Atlantikinsel entwickelte sich nach Augenzeugenberichten in der Nacht zum Samstag zu sintflutartigen Wolkenbrüchen, die Flüsse über die Ufer treten ließen und Straßen zu Sturzbächen machten. Die Wassermassen rissen Bäume und Brücken fort und hinterließen Morast und Müll.

Im niedriger gelegenen Teil der Inselhauptstadt Funchal mussten Rettungskräfte wegen Einsturzgefahr mehrere Häuser evakuieren. Hunderte Menschen müssen umquartiert werden, wie Vize-Regionalgouverneur Joao Cunha mitteilte. Nach Behördenangaben war das Unwetter das schwerste auf Madeira seit 1993.

Die portugiesische Regierung schickte ein Flugzeug mit Rettungstauchern und Ärzten auf die nordwestlich der afrikanischen Küste gelegene Insel. Die dort stationierten Einheiten der portugiesischen Streitkräfte seien bereits mit Rettungshubschraubern im Einsatz, hieß es in einer Pressemitteilung. Die Soldaten beteiligten sich auch an der Beseitigung von Trümmern und der Reparatur von Brücken, erklärten die Streitkräfte.

Eine britische Touristin sagte der BBC, die Inselhauptstadt Funchal gleiche einer Geisterstadt. "Die Abwässerkanäle können das viele Wasser, das von den Bergen herunterläuft, einfach nicht auffangen." sagte Cathy Sayers. "Sie sind vollkommen mit Schlamm überlaufen. Ich glaube, alle sind schockiert, dass so etwas zu dieser Jahreszeit passieren konnte."

"Das Meer ist braun"

"Unser Hotel wurde geräumt, es liegt nahe am Fluss und uns wurde gesagt, es bestehe die Gefahr, dass der Boden nachgibt", sagte der 27-jährige Franzose Aymeric Payan, der in einem Hotel im Zentrum von Funchal als Bäcker arbeitet. Die Rettungsarbeiten wurde von Sturmböen mit Geschwindigkeiten von mehr als 100 Stundenkilometern erschwert. "Das Meer ist ganz braun und es schlagen enorme Wellen hoch", sagte Margarida Freitas Vieira aus der Hauptstadt der Insel der Nachrichtenagentur Lusa.

Auf weiten Teilen der "Blumeninsel" mit ihren rund 250.000 Einwohnern fielen Strom und Telefonverbindungen aus. Betroffen waren vor allem die Region um die Hauptstadt und der südliche Teil des Eilands. Im gebirgigen Inneren der Insel waren einige Orte von der Außenwelt abgeschnitten. Der internationale Flughafen wurde bis auf weiteres geschlossen.

Der madeirische Regionalpräsident Alberto Joao Jardim kündigte an, Hilfen von der EU in Brüssel zu beantragen. Er habe bereits mit dem portugiesischen EU-Kommissionspräsidenten José Manuel Barroso über die dramatische Lage gesprochen, sagte Jardim. Portugals Ministerpräsident José Sócrates sollte zusammen mit Innenminister Rui Pereira am Sonntagabend auf der Insel eintreffen um sich dort ein Bild von der Lage zu machen.

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