Unwetter:"Das Wasser stinkt fürchterlich"

  • Die starken Regenfälle sorgen weiter für Unruhe in zahlreichen Gegenden Deutschlands.
  • Im Landkreis Goslar ist der Katastrophenalarm im Hochwassergebiet inzwischen wieder aufgehoben.
  • In Bad Salzdetfurth kämpfen Freiwillige Feuerwehr und Technisches Hilfswerk noch gegen den Schlamm.

Die Lage in den von starken Regenfällen betroffenen Gegenden Deutschlands bleibt angespannt. Betroffen sind vor allem Niedersachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt.

Die Braunschweiger Feuerwehr warnt trotz steigender Wasserstände vor Panikmache. Stadtsprecherin Lisa Bertram bezeichnete die Lage in der Hochwasserregion am Donnerstagnachmittag als "relativ ruhig". Es rolle keine Flutwelle auf Braunschweig zu. Bertram rechne nicht damit, dass Stadtteile überflutet werden. In ausgewiesenen Überschwemmungsgebieten werde es aber Überflutungen geben, teilte die Feuerwehr auf Facebook mit.

Der Landkreis Goslar in Niedersachsen hat seinen am Mittwoch ausgerufenen Katastrophenalarm wieder aufgehoben. In Flüssen wie Radau, Abzucht, Nette und Oker seien die Wasserstände gesunken, heißt es seitens der Einsatzleitung. Der Großteil der Innenstadt von Goslar wurde am Abend wieder für den Verkehr freigegeben.

Durch Goslars Innenstadt waren gestern braune Wasserfluten geströmt. In vielen Straßen stand das Wasser mindestens 20 Zentimeter hoch. Mehrere Häuser, ein Hotel und ein Seniorenheim mussten evakuiert werden. "Eine solch dramatische Hochwasserlage hat die Stadt Goslar seit 70, 80 Jahren nicht erlebt", sagte Oberbürgermeister Oliver Junk.

Bad Harzburg war mit dem Zug nicht mehr zu erreichen, wie die Deutsche Bahn mitteilte. "Hier ist Land unter", sagte eine Verwaltungsmitarbeiterin der 23 000-Einwohner-Stadt. Dort stand das Wasser in vielen Straßen mindestens 20 Zentimeter hoch. Mehrere Regionalverbindungen bleiben wegen Hochwasserschäden gesperrt, teilte der Bahnbetreiber Erixx mit. Im gesamten Süden Niedersachsens müssen Bahnreisende voraussichtlich noch bis Freitag mit erheblichen Behinderungen rechnen.

In Bad Salzdetfurth sind THW und Freiwillige Feuerwehr noch im Einsatz

Im von Überschwemmungen bedrohten Hildesheim hat sich die Lage in der Nacht zum Donnerstag wieder zugespitzt. "Die Pegelstände steigen wieder, das ist keine gute Nachricht", sagte ein Feuerwehrsprecher am Morgen. Je länger das Wasser gegen die feuchten Sandsäcke drücke, desto schlechter sei das. "Wir hoffen natürlich, dass alles hält", betonte der Sprecher. Um die bedrohten Dämme zu festigen, schichteten die Helfer Hunderte Sandsäcke auf. Am Mittwoch hatten die Menschen in Hildesheim aufgeatmet, weil der Pegelstand gesunken war - am Donnerstagmorgen stieg das Wasser aber wieder auf 7,03 Meter.

Schlimmer als Hildesheim hat das Hochwasser den etwa 16 Kilometer entfernten Ort Bad Salzdetfurth getroffen. Anwohner Paul Tuthill, 42, sagte der Süddeutschen Zeitung am Telefon: "Hier sieht es aus, als hätte eine Bombe eingeschlagen." Das Wasser habe fast die gesamte Altstadt getroffen, die Keller der Fachwerkhäuser überschwemmt, über die Hälfte der Haushalte in der Innenstadt sei nach wie vor ohne Strom und Wasser.

Tuthill kam noch glimpflich davon. Er hatte seine Hauswand mit einem selbst gebauten Wall aus Holz, Steinen und Silikon verstärkt. Das hielt das gröbste Wasser draußen. Nur seinen Teppich müsse er jetzt wechseln. "Das Wasser stinkt fürchterlich", sagt er. Es sei mit Heizöl und Fäkalien versetzt gewesen. Alles, was damit in Kontakt gekommen war, könne man wegwerfen. An den Straßen in Bad Salzdetfurth türmen sich nun Stühle, Schränke, Tische, Kinderspielzeug.

Obwohl das Wasser inzwischen zurückgewichen ist, sind Freiwillige Feuerwehr und Technisches Hilfswerk noch immer im Einsatz, teilweise haben die Helfer mehr als 30 Stunden gearbeitet. Viele Keller sind voller Schlamm, "aber die Leute halten zusammen, alle packen mit an", erzählt Tuthill. Damit keinem die Kraft ausgeht, grillen die Anwohner teils auf der Straße. "Zumindest Hunger muss niemand leiden."

Für die kommenden Tagen gaben Meteorologen unterdessen Entwarnung: Der Dauerregen geht zu Ende, Tief Alfred zieht nach Osten ab, wie der Deutsche Wetterdienst mitteilte. Der Regen höre damit zwar nicht auf, aber die Intensität lasse nach. Wirklich sommerlich-schön wird es allerdings nicht. Erst zum Wochenende zeichnet sich eine Beruhigung mit wieder steigenden Temperaturen ab.

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