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SZ-Serie "Ein Anruf bei ...":"Die Haut reibt sich ab, man blutet"

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George Hood ist 62 Jahre alt und kann sich mehr als acht Stunden im Unterarmstütz halten - auch weil er sich wie Popeye ernährt.

Von Fabian Müller

Der Unterarmstütz ist eine sportliche Eigengewichtsübung, bei der lediglich Unterarme und Zehenspitzen den Boden berühren dürfen. Wer zwei oder gar drei Minuten durchhält, gilt als sportlich. George Hood, 62, ehemaliger US-Marineinfanterist, hat Mitte Februar in einem Fitnessstudio in Plainfield, Illinois, acht Stunden, 15 Minuten und 15 Sekunden in der Pose verharrt. Neuer Guinness-Weltrekord.

SZ: Herr Hood, wie bitte hält man diese Übung so lange durch?

George Hood: Ich habe 18 Monate jeden Tag sieben Stunden trainiert. Mindestens vier Stunden Unterarmstütz, 2000 Sit-ups, 600 Liegestütze, 500 Kniebeugen. Für mich ist das meine Art zu leben geworden, eine Gewohnheit. Ich musste stundenlang trainieren. Manchmal war es brutal.

Wieso haben Sie es dann gemacht?

Der Unterarmstütz ist die beste Körperkoordinationsübung, die mir je begegnet ist. Ich bin süchtig danach geworden. Jeder hat seine Besonderheit, das ist meine. Es ist, als ob man einen Baum pflanzt. Er wächst, und jedes Mal, wenn man plankt, graben sich die Wurzeln tiefer in die Erde. Egal, welcher Sturm auf einen zurollt, der Baum wird stehen bleiben. Während der Übung fühlt es sich aber an, als würde eine Rasierklinge in den Ellbogen schneiden. Die Haut reibt sich ab, man blutet.

Das klingt furchtbar.

Irgendwann werden die Schultern und Arme taub, dann geht es besser. Meine Aufgabe war es nur, bis zum Ende durchzuhalten. Das bekomme ich vor allem hin, weil ich sehr laute Musik höre. Dabei fühle ich mich wie ein Rockstar.

Zu was für Musik plankt es sich denn am besten?

Heavy Metal aus den 80ern und 90ern: Van Halen, Led Zeppelin, Mötley Crüe. Laut! Aber auch "Du Hast" von Rammstein. Den habe ich bei vielen Events als ersten Song gespielt. Dann bin ich vollgepumpt mit Energie. Wenn ich nicht mehr kann, spiele ich Neil Diamonds "Sweet Caroline". Dann kommen alle Zuschauer in den Raum und singen mit, und alle wissen: Das war's, er ist durch.

Acht Stunden in der gleichen Pose: Wird Ihnen da nicht auch mal langweilig?

Ja, oft. Ich brauche dann unbedingt Leute um mich, ich brauche ihre Energie, sie gibt mir Kraft. Das ist wie bei einem Rockkonzert. Stellen Sie sich vor, Rammstein spielt in einem riesigen Stadion und keiner kommt. Es ist einfach phänomenal, wenn Leute da sind. Ich bekomme dann das Gefühl, dass ich etwas wert bin und nicht nur meine Zeit verschwende.

Mit was für einer Stimmung gehen Sie in so einen Weltrekordversuch rein?

Ich habe Angst. Aber ich weiß auch, dass ich kämpfen kann. Wenn ich acht Stunden auf dieser Plattform verbringe, sind all meine Dämonen vertrieben. Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie oft ich bei all den Trainings geweint habe. Man hat viel Zeit, um über das Leben nachzudenken.

Nach Ihrem Weltrekord hatten Sie noch genug Energie für 75 Liegestütze. Hätten Sie die Zeit noch ausreizen können?

Fünf Minuten hätte ich noch aus meinem Körper quetschen können, vielleicht hätte ich sogar achteinhalb Stunden geschafft. Ich wollte eine Zeit erreichen, die in irgendeiner Form besonders ist oder die man sich merken kann. Mein inoffizieller Rekord von zehn Stunden, zehn Minuten und zehn Sekunden war an dem Tag für mich unmöglich. Das Event hat in den Räumen von "515 Fitness" stattgefunden, also habe ich halt acht Stunden, 15 Minuten und 15 Sekunden gemacht.

Was sagen Sie den Leuten, die nach einer Minute schweißüberströmt zusammenbrechen?

Als ich die Übung 2011 für mich entdeckt habe, da haben das nur ein paar Yogis in irgendwelchen Höhlen in Indien gemacht. Ich habe vielleicht fünf Minuten durchgehalten. Mein Tipp: Die richtige Ernährung ist wichtig. Meine letzte Mahlzeit vor so einem Event nehme ich Minimum zwölf Stunden vorher zu mir. Ich esse ein großes Stück Wildlachs, Kartoffeln und viel Spinat - ein bisschen wie bei Popeye.

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