Unregelmäßigkeiten bei Unicef:Mehr Geld für die Kleinen!

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Die Verschleierungstaktik von Unicef Deutschland beschädigt das Ansehen aller Spendenorganisationen. Das ist nicht hilfreich, es gibt genug bessere Alternativen.

Carsten Matthäus

Bis Herbst 2007 war die Spender-Welt noch in Ordnung. Laut der "Bilanz des Helfens", die der Deutsche Spendenrat im September gemeinsam mit der Gesellschaft für Konsumforschung veröffentlichte, standen alle Zeichen auf Wachstum. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2006 hatte sich das Spendenaufkommen in den ersten sechs Monaten 2007 um gut zehn Prozent auf 843 Millionen Euro erhöht, das Volumen ehrenamtlicher Tätigkeit stieg sogar um knapp 30 Prozent an.

Unicef-Spendenbüchse: Verwaltungskosten und Rechentricks. (Foto: Foto: ddp)

Dann kam der November 2007. Recherchen der Frankfurter Rundschau brachten eine Fülle von Unregelmäßigkeiten und Undurchsichtigkeiten bei der Deutschen Sektion der Unicef ans Licht. Noch schlimmer als die Fakten war dabei das Verhalten der Geschäftsführung. Während Prominente wie Sabine Christiansen ständig den moralischen Zeigefinger in die Luft halten und großflächig Spenden einwerben, verhält sich das Deutsche Komitee der Weltorganisation Unicef wie ein kleingeistiger Provinzverein und handelt nach dem Prinzip Tricksen und Täuschen.

Nur ein Beispiel: Auf der Internetseite antwortet Unicef auf die Frage nach den Verwaltungskosten folgendermaßen: "Im Spendenbereich liegen die Verwaltungskosten stets unter zehn Prozent". Das ist ein purer Rechentrick, bei dem alle anderen Kostenbringer wie Druck und Versand von Grußkarten oder die Öffentlichkeitsarbeit schon abgezogen sind. Laut eigenem Geschäftsbericht lagen die Kosten der Organisation 2006 bei 17,9 Prozent der Einnahmen. Es ist im Spendenbereich schlicht unseriös, von Verwaltungskosten von unter zehn Prozent zu sprechen, schließlich ist es eine absolut sinnvolle, nicht ehrenamtliche Aufgabe, Hilfsprojekte zu begutachten, sie gegebenenfalls zu beraten und das Geld sauber zu verbuchen. Und es ist vollkommen absurd, die Verwaltungskosten als Teil einer globalen Organisation zu verschleiern, die eine Zentrale in New York hat und ein ganzes Heer bezahlter Mitarbeiter beschäftigt.

Hier kann es nur einen Ausweg geben: mehr Transparenz - und das schnell. Erst wenn Unicef eine ehrliche Aufstellung ihrer Einnahmen und Ausgaben veröffentlicht, sollten sich deren Spender, also deren Geldgeber, zufriedengeben.

Falsch wäre es allerdings, wegen des Unicef-Skandals ganz auf das Spenden zu verzichten. Es gibt genug gute Alternativen, Geld für gemeinnützige Zwecke zu geben. Leider reicht es aber auch hier nicht, sich einfach einen großen Namen zu suchen und das Überweisungsformular auszufüllen. Auch ein Spendensiegel wie das des Deutschen Zentralinstituts für soziale Fragen (DZI) kann eine individuelle Prüfung des Geldempfängers nicht ersetzen. Alle großen Organisationen geben Spendengelder für diese jährliche Prüfung aus. Sehr genau nehmen die betroffenen Prüfer die jeweiligen Siegel-Träger aber offenbar noch nicht unter die Lupe: Das DZI nahm Unicef zunächst in Schutz, hat nach öffentlichem Druck aber eine Prüfung angeordnet.

Wer Geld spenden will, sollte deshalb Informationen verlangen, bevor er sein Geld losschickt. Mitglieder des Deutschen Spendenrates beispielsweise haben eine Selbstverpflichtungserklärung unterschrieben, in der es unter anderem um eine transparente Verwaltung der Spenden geht . Und es gibt in Deutschland unzählige Stiftungen, die die Verwendung ihres Geldes bis zum letzten Cent offenlegen können. Vielleicht kann der Unicef-Skandal damit auch eine gute Wirkung auf die "Bilanz des Helfens" haben: Mehr Spenden für viele kleine, durchschaubare Organisationen, weniger für intransparente große, die die Spielregeln des Anstands nicht einhalten wollen.

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