College-Betrug in den USA:Daddy wird's schon richten

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Der Geschäftsmann Stephen Semprevivo, der gestanden hat, Geld für den Studienplatz seines Sohnes ausgegeben zu haben. (Foto: Steven Senne/AP)

Der Betrugsskandal an Eliteunis in den USA wirft eine Frage auf: Soll ein Student, dessen Eltern den Studienplatz unrechtmäßig erkauft haben, all seine akademischen Meriten verlieren - selbst wenn er von der Bestechung nichts gewusst hat?

Von Jürgen Schmieder, Los Angeles

Die Angelegenheit ist verzwickt: Soll ein Student, dessen Eltern den Studienplatz unrechtmäßig erkauft haben, all seine akademischen Meriten verlieren - selbst wenn er von der Bestechung nichts gewusst hat? Wenn er die Leistungen an der Universität rechtmäßig erbracht hat und womöglich auch ohne Betrug an dieser Uni aufgenommen worden wäre? Und, ganz allgemein: Kann jemand von einer Uni fliegen, wenn er sich nie selbst dort beworben hat?

Im Skandal um den womöglich größten Betrug im US-Bildungssystem hat der Student Adam Semprevivo in dieser Woche die Georgetown University verklagt. Sein Vater, der kalifornische Unternehmer Stephen Semprevivo, hatte vor vier Jahren insgesamt 400 000 Dollar dafür bezahlt, dass sein Sohn an der Eliteuniversität aufgenommen würde. Er hat sich bereits für schuldig erklärt und soll im September verurteilt werden, es droht eine Gefängnisstrafe von 18 Monaten. Semprevivo gab bei der Anhörung an, dass sein Sohn nichts von dem Betrug gewusst habe und deshalb unschuldig sei.

Die Highschool-Noten von Adam Semprevivo und auch die Ergebnisse beim standardisierten Scholastic Aptitude Test (SAT) - offenbar ohne Betrug erbracht - liegen deutlich im Rahmen der akademischen Standards der Georgetown University, laut Zivilklage hat er deshalb völlig zu Recht drei Jahre lang dort studiert. Er dürfe die erbrachten Leistungen an eine andere Uni transferieren und dort einen Abschluss erlangen, anstatt komplett von vorne beginnen zu müssen.

William Singer, Kopf eines als Stiftung getarnten Netzwerkes, habe damals die Bewerbung für Semprevivo ausgefüllt und dessen Namen in das Feld mit der Unterschrift gekritzelt. Hat Georgetown beim Überprüfen der Bewerbung also die Sorgfaltspflicht verletzt? Semprevivo will Studiengebühren in Höhe von 200 000 Dollar zurück.

Die Klage sorgt in den USA für Aufregung, da es zwei Lesearten gibt: Die einen sehen darin den Beweis, dass wohlhabende Eltern ihre Kinder nicht nur über allerlei Betrug an renommierte Universitäten schicken, sondern dass es ihnen über juristische Scharmützel gelingen könnte, den Konsequenzen zu entgehen - und sogar noch die Gebühren erstattet zu bekommen. Die Schauspielerin Lori Loughlin zum Beispiel, die 500 000 Dollar für die Aufnahme ihrer Töchter an der University of Southern California bezahlt haben soll, hat sich für nicht schuldig erklärt und möchte sich bei der Gerichtsverhandlung im Herbst als Opfer von Singer darstellen.

Andererseits: Warum sollen einem jungen Menschen, der womöglich tatsächlich nichts von den Betrügereien der Eltern gewusst hat, die rechtmäßigen Leistungen aberkannt werden? Semprevivo hatte zu Beginn der Woche angeboten, die Georgetown University freiwillig zu verlassen, solange er die sogenannten Credits behalten dürfe. Die Universität hat abgelehnt und eine interne Untersuchung eingeleitet. Danach, so heißt es in einem Statement, werde es eine Entscheidung geben, bis dahin sei Semprevivo exmatrikuliert, und seine Leistungen seien ungültig.

© SZ vom 18.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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