Uni-Skandal in den USA:"Ich habe wirklich keinen Bock auf Schule"

Die 19-jährige Influencerin Olivia Jade Giannulli ist zum Symbol für ungleiche Bildungschancen in den USA geworden: Ihren Studienplatz hat sie durch Bestechungsgelder bekommen. Aber der Skandal könnte sich für sie sogar noch auszahlen.

Von Jürgen Schmieder

Es gibt diese außerordentlich hübschen Fotos von Olivia Jade Giannulli auf dem sozialen Netzwerk Instagram. Sie zeigen eine junge Frau, die ins Studentenwohnheim der Elite-Hochschule University of Southern California, kurz USC, einzieht. Offensichtlich waren mehrere Firmen beim Umzug behilflich oder haben ein paar Sachen geschickt: Amazon, Sephora und der Smile Direct Club werden namentlich erwähnt. So läuft das nun mal in der Welt der sogenannten Influencer: Es gibt Geschenke und womöglich auch Bezahlung gegen möglichst prominente Erwähnung auf einem Profil mit möglichst vielen Followern. Der 19 Jahre alten Tochter der Schauspielerin Lori Loughlin und des Modedesigners Mossimo Giannulli folgen auf Instagram 1,3 Millionen und auf ihrem Youtube-Kanal 1,9 Millionen Menschen.

Giannulli steht im Zentrum des größten Betrugsskandals der US-amerikanischen Uni-Geschichte: Ihre Eltern, die über ein gemeinsames Vermögen von etwa 90 Millionen Dollar verfügen, sollen über eine Stiftung mehr als 500 000 Dollar an Bestechungsgeld bezahlt haben, um sie und ihre zwei Jahre ältere Schwester Isabella Rose als talentierte Sportlerinnen auszugeben und so an die südkalifornische Uni zu bringen. Das Erstaunliche daran ist: Giannulli wollte eigentlich gar nicht studieren, im August vergangenen Jahres sagte sie in einem Youtube-Video: "Ich bin nur wegen der Football-Spieltage und der Partys hier. Ich habe wirklich keinen Bock auf Schule, aber das wisst ihr ja sowieso alle."

Ein nützlicher Skandal?

Das noch Erstaunlichere an dem Fall: Mutter Lori Loughlin ist an diesem Mittwoch verhaftet worden, ihr droht wegen Betrugs und Bestechung möglicherweise sogar eine Gefängnisstrafe. Die Tochter dagegen ist nicht angeklagt, sie dürfte aus der Affäre nicht nur ohne Schaden, sondern möglicherweise auch noch berühmter und damit einflussreicher und damit vermögender herauskommen. Auch das läuft nun mal so in der Welt der sogenannten Influencer: Ein Skandal kann der Karriere durchaus nützlich sein. Es gibt die berüchtigte Aussage der Matriarchin des Kardashian-Clans, Kris Jenner, der zufolge sie über das Sexvideo ihrer Tochter Kim als Mutter entsetzt, als Managerin aber begeistert gewesen sei.

Giannulli gilt nun als Symbol für all die privilegierten Kinder in einem Land, in dem sich Bildung und damit auch Karrierechancen erkaufen lassen. Giannulli nutzt seit Jahren die Berühmtheit ihrer Eltern zur Vergrößerung ihrer Reichweite sowie deren Kontakte für Partnerschaften mit weltweit bekannten Mode- und Kosmetik-Unternehmen wie Dolce & Gabbana, Too Faced Cosmetics und Marc Jacobs Beauty. Sie wird durch den Skandal auch zum Symbol für die Ungleichheit in den USA: Wer schon hat, dem wird noch mehr gegeben in diesem Land. Giannulli ist ohne finanzielle Sorgen aufgewachsen, sie weiß, dass die Eltern jegliche Steine, die im Weg liegen, einfach und meist sogar diskret wegschaffen. Das geht nun offenbar so weit, dass ihre Kinder sich infolge geschönter Testergebnisse und der Aufnahme an einer Elite-Uni für schlauer und begabter halten dürfen, als sie es wirklich sind.

Olivia Jade Giannulli wird nun auf sozialen Netzwerken geschmäht - teils sarkastisch witzig, teils ernsthaft besorgt, teils bösartig. Sie hat die Kommentarfunktion unter ihren Profilen mittlerweile abgestellt. Ihre Mutter hat sämtliche ihrer Accounts gelöscht, Giannulli dagegen nicht. Warum auch? Sie sind die Existenzgrundlage dieser jungen Frau; die Zahl ihrer Abonnenten ist seit Aufkommen des Skandals noch gestiegen, kaum ein Unternehmen hat sich bislang klar distanziert von der Influencerin, die für sie Werbung macht. Deshalb ist im Netz auch noch zu lesen, was sie im April 2017 bei Twitter geschrieben hat: "Es ist so schwer, sich in der Schule anzustrengen, wenn man sich für nichts interessiert, was man da lernen soll."

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