Unfall:Verstopfte Rettungsgasse

Auf einer Baustelle an der A5 in Hessen hat sich ein Arbeiter schwer verletzt. Doch die Autofahrer im Stau bildeten keine Rettungsgasse. So mussten die Helfer zu Fuß zum Verunglückten laufen. Jetzt will die Feuerwehr die Autofahrer anzeigen.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Zwei Jahre ist es her, dass auch auf den hessischen Autobahnen eine Art Fahrschul-Nachhilfe stattfand. Mit Hilfe einer Plakataktion wurde erklärt, wie man auf den Schnellstraßen im Notfall eine "Rettungsgasse" für Polizei, Feuerwehr und Rettungskräfte bildet und damit zur Lebensrettung beiträgt. Genutzt hat die Initiative offenkundig nicht viel, jedenfalls nicht bei Verkehrs-Rowdys und Ignoranten. Das zeigen die Geschehnisse bei einem Unfall im südhessischen Weiterstadt.

Dort war am Mittwoch auf einer Baustelle auf einem abgesperrten Teil der A 5 ein Arbeiter von einem Baugerüst gestürzt und hatte sich schwer verletzt. Mit Hilfe der Polizei wurde im Stau eine Rettungsgasse gebildet, Krankenwagen und ein Feuerwehrauto kamen durch. Dann aber fuhren einige Autofahrer den Einsatzkräften hinterher, in der Hoffnung, auf diese Art schnell dem Stau zu entkommen. Plötzlich war die Fahrbahn wieder dicht, andere Rettungskräfte kamen nicht mehr durch und mussten sich, wie sie später Journalisten erzählten, zu Fuß zum Unfallort aufmachen. Dabei mussten sie sich auch noch dümmliche Sprüche der Fahrer anhören. Die freiwillige Feuerwehr aus Mörfelden war ebenso entsetzt wie erbost. Sie machte Fotos von den Autos der Rettungsgassen-Boykotteure und will sie nun anzeigen.

In Deutschland kostet der Verstoß 20 Euro. In Österreich bis zu 2000 Euro

Die Autobahn-Rowdies erwartet aber schlimmstenfalls eine milde Strafe, sofern sie die Rettungskräfte nicht beschimpft und beleidigt haben. Gerade einmal 20 Euro Ordnungsgeld muss man in Deutschland bei einem solchen Regelverstoß bezahlen. Im Nachbarland Österreich kann das wesentlich teurer werden: Wer dort eine Gasse blockiert, muss mit einer Forderung von maximal gut 2000 Euro rechnen. Das System der Rettungsgasse stammt aus den 1980er Jahren. Verpflichtend vorgeschrieben ist sie in Deutschland, Tschechien, Österreich und Ungarn - mal darf für ihre Bildung der Pannenstreifen benutzt werden, mal nicht. In der Schweiz und in Slowenien kann sie gebildet werden, muss aber nicht.

Allerdings liegt es nicht immer nur an den Autofahrern, wenn der Notweg nicht zustande kommt. So war im Februar nach einem Unfall im Bereich einer Baustelle auf der Autobahn bei Kassel die Fahrbahn einfach zu eng. Die Autofahrer hatten dort gar keine Möglichkeit, eine Passage für Einsatz-Fahrzeuge zu bilden.

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