Unfälle - Starnberg:Ringen um Prozess nach Tod von Schüler

Bayern
Justitia mit Holzhammer und Aktenstapel. Foto: Volker Hartmann/dpa/Symbolbild (Foto: dpa)

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Starnberg (dpa/lby) - Es war windig, das Wasser kalt. Was genau am 19. April 2015 geschah, als der 13 Jahre alte Ruderanfänger allein auf dem Starnberger See unterwegs war, ist nicht ganz geklärt. Abseits der Gruppe kenterte er und ertrank. Fast fünf Jahre später geht das Ringen um einen Strafprozess gegen die mutmaßlich verantwortlichen Übungsleiter weiter. Ob und wann es zum Prozess kommt: offen.

Der Fall liegt vorerst wieder bei einer Starnberger Amtsrichterin auf dem Tisch. Sie hatte das Verfahren gegen die beiden Betreuer am 17. März gegen Geldauflagen von 50 000 Euro und 12 000 Euro zugunsten gemeinnütziger Einrichtungen eingestellt. Die Staatsanwaltschaft München II legte Beschwerde ein. Sie hatte die Betreuer wegen fahrlässiger Tötung angeklagt. Aus ihrer Sicht hatten sie ihre Aufsichtspflicht verletzt. Auch die Anwältin der Eltern, Annette von Stetten, sieht ein "deutliches Verschulden" der Übungsleiter. Dass bis heute nicht verhandelt wurde, nennt von Stetten "unfassbar": "Wir reden hier über den Tod eines Menschen."

Die Amtsrichterin kann nun ihre Einstellungsentscheidung zurücknehmen und doch einen Prozess ansetzen. Falls sie bei ihrer Entscheidung bleibt, muss sie diese dem Landgericht München II vorlegen. "Ich gehe davon aus, dass sie alsbald entscheiden wird", sagte Amtsgerichtsdirektor Ulrich Kühn. Fristen gebe es aber nicht.

Die Leiter hatten am jenem Apriltag 2015 mit 20 Kindern ein Training auf dem See absolviert. Die Wetterverhältnisse waren Gutachten zufolge mit viel Wind und Wellen schwierig. Der 13-Jährige übte ohne Schwimmweste oder Neoprenanzug in einem Einer-Rennboot, zunächst in der Nähe des Stegs. Abseits der Gruppe ertrank er im acht Grad kalten Wasser. Das Fehlen des Buben wurde erst bemerkt, als der Vater ihn am Abend nach dem Training abholen wollte. Tage später wurde die Leiche des Kindes gefunden, fast einen halben Kilometer vom Ufer entfernt.

Das Amtsgericht argumentierte, auch aufwendige Ermittlungen und verschiedene Sachverständigen-Gutachten hätten den tatsächlichen Ablauf nicht vollständig klären können. Es bestehe zwar der Verdacht, dass die Angeklagten ihrer Aufsichtspflicht nicht hinreichend nachgekommen seien. Dennoch treffe die beiden keine so schwere Schuld, dass dies einer Einstellung gegen Geldauflage entgegenstehe. Auch für die beiden, die ehrenamtlich tätig waren, sei der Unfall schließlich eine "nicht unerhebliche persönliche Belastung".

Für die Eltern des Buben wird das Warten auf einen möglichen Prozess zur Nervenprobe. "Es geht meinen Mandanten kein bisschen darum, die Tat zu sühnen", sagt Anwältin von Stetten. "Es geht ihnen um Generalprävention, dass so etwas nicht wieder passiert." Ursprünglich sei zum Landgericht München II angeklagt worden, wo der Fall aber wegen Überlastung rund drei Jahre liegengebleiben sei - bis das Gericht das Verfahren 2018 vor dem Amtsgericht Starnberg eröffnete. Dort war die Einstellung des Verfahrens gegen die beiden Übungsleiter gegen Geldauflagen bereits im vergangenen Jahr erwogen worden.

Stetten ist mit einer Einstellung nicht einverstanden. Sie sieht ein Verschulden der Leiter. Bei derartigen Wassertemperaturen "geht man eigentlich gar nicht aufs Wasser". Zudem sei der Renn-Einer nicht für einen Anfänger geeignet gewesen. Und: "Er war 13 und ganz allein."

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