Unfälle - Berlin:Radfahrerin von Bus getötet: Abbiegeassistenten nötig?

Berlin
Ein Rettungswagen fährt mit Blaulicht. Foto: Nicolas Armer/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa/bb) - Nachdem eine 35-jährige Fahrradfahrerin in Berlin bei einem Unfall mit einem Linienbus starb, sind Forderungen nach technischen Abbiegeassistenten mit automatischer Notbremsung laut geworden. Am Abend demonstrierten mehrere Hundert Menschen für mehr Verkehrssicherheit. Bei der Mahnwache an der Unfallstelle im Stadtteil Johannisthal in Berlin-Treptow forderte Ragnhild Sørensen vom Verein Changing Cities unter anderem Maßnahmen, um die Geschwindigkeit beim Abbiegen zu verringern.

Die Radlerin war am Sonntagmittag auf dem Radweg am Groß-Berliner Damm unterwegs. Nach Zeitungsberichten fuhr sie ein modernes Rennrad. Der Busfahrer übersah sie offenbar beim Abbiegen nach rechts in die Pilotenstraße. Die Frau wurde beim Zusammenstoß unter dem Bus eingeklemmt und starb an der Unfallstelle. Der Busfahrer erlitt einen Schock und wurde in ein Krankenhaus gebracht.

Der Bus hat - wie inzwischen fast alle BVG-Busse - eine Kamera, die das Geschehen rechts vom Fahrzeug auf einen kleinen Bildschirm, den der Fahrer sehen kann, überträgt.

Der Radfahrerverein ADFC forderte am Montag: "Auch eine Kamera kann menschliche Fehler nicht verhindern. Wir brauchen Abbiegeassistenten, die Kollisionen erkennen und eine Notbremsung einleiten."

Der Berliner FDP-Verkehrspolitiker Henner Schmidt teilte mit: "Die Bundesregierung muss Maßnahmen ergreifen, dass Abbiegeassistenten bei LKWs möglichst bereits vor der von der EU festgesetzten Frist installiert werden, ebenso sollte der Senat den freiwilligen Einbau dieser lebensrettenden Vorrichtungen stärker fördern." Nötig sei auch ein Umbau vieler Kreuzungen.

Allerdings werden Abbiegeassistenten mit Notbremsfunktion, die viele LKW inzwischen haben, für Linienbusse von Fachleuten kritisch gesehen. Die sensibel eingestellten Systeme könnten sich irren und etwa Mülltonnen oder sich langsam bewegende Menschen als Problem erkennen. Die folgenden Notbremsungen wären für die Fahrgäste im Bus gefährlich. Schon jetzt gibt es immer wieder Verletzte, weil ein Busfahrer im Verkehr zu einer Notbremsung gezwungen wurde und stehende Fahrgäste durch den Bus fliegen. Auch Tote gab es bereits.

In Berlin sind seit Beginn des Jahres 2020 bei Verkehrsunfällen vier Menschen gestorben: zwei Radfahrerinnen, ein Motorradfahrer und ein Fußgänger. Die zweite Radfahrerin war eine 68-jährige Frau, die von einem rechtsabbiegenden Lastwagen am Kottbusser Tor überfahren wurde.

Dabei hatte das vergangene Jahr 2019 in dieser Hinsicht eine sehr positive Entwicklung gezeigt. Die Zahl der im Straßenverkehr getöteten Radfahrer lag mit sechs Opfern auf dem niedrigsten Stand der vergangenen Jahre. Nur einmal in den letzten 20 Jahren gab es ebenso wenig tödlich verunglückte Radfahrer, sonst waren die Zahlen oft doppelt oder auch dreimal so hoch.

Auch die Zahl aller Verkehrsunfälle mit verletzten Menschen sank von Januar bis Oktober 2019 im Vergleich zum gleichen Zeitraum 2018. Laut dem Berliner Amt für Statistik gab es rund 12 600 Unfälle mit Personenschaden (- 2,3 Prozent). 1927 Menschen wurden schwer (- 12,5 Prozent) und 13 066 Menschen leicht verletzt (- 2 Prozent).

Von den Schwerverletzten waren 582 Radfahrer (-13,3 Prozent), bei den leicht verletzten Radfahrern gab es einen Rückgang auf 4243 (-1,7 Prozent). Die Zahlen für das ganze Jahr liegen noch nicht vor.

Nach der Mahnwache war eine Fahrraddemo zum Bundesverkehrsministerium geplant.

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