Süddeutsche Zeitung

Unbekannter verteilt Geldgeschenke:Eine Spur des Guten quer durch Braunschweig

Die Familie des schwerbehinderten 14-jährigen Tom bedachte er mit 10.000 Euro. 50.000 Euro steckte er in den Postkasten der Stadtverwaltung - inklusive Hinweisen, welchen Einrichtungen die Finanzspritze zugutekommen sollte. Seit November verteilt ein Unbekannter großzügige Geldgeschenke in Braunschweig - und die ganze Stadt rätselt über Identität und Motiv des Wohltäters.

Matthias Drobinski

Der Umschlag steckte hinter den Gesangbüchern, Pfarrer Hans-Jürgen Kropkow von der evangelischen Sankt-Markus-Kirche in Braunschweig konnte erst gar nicht so recht fassen, was da beim Öffnen herausfiel: Zwanzig 500-Euro-Scheine, 10.000 Euro, einfach so, ein "unerwartetes Himmelsgeschenk", wie der Pfarrer sagte. Die Gemeinde überlege nun, das Geld teils für eine bessere Wärmedämmung, teils für Gemeindemitglieder in Not auszugeben.

Dass das Geld nicht einfach einer verloren hat, das wissen sie mittlerweile in Braunschweig. Auch in der Suppenküche im Stadtteil Heidberg wurden am Sonntag 10.000 Euro gefunden. Seit November zieht ein Unbekannter eine Spur des Guten durch die niedersächsische 250.000-Einwohner-Stadt. Insgesamt 120.000 Euro hat er bereits verschenkt.

Das Motiv bleibt im Dunkeln

Er - oder sie - hat den 14-jährigen Tom Hoffmann mit 10.000 Euro bedacht, der nach einem Schwimmunfall schwerbehindert ist. Das Geld traf bei der Familie ein, nachdem die Braunschweiger Zeitung über das Schicksal des Buben berichtet hatte.

50.000 Euro steckten nach Weihnachten im Postkasten der Stadtverwaltung - fünf beigelegte Zeitungsausschnitte zeigten den Findern, wo das Geld verwendet werden sollte: für das Naturhistorische Museum, das seine Ausstellung hätte verkleinern müssen, und das Lessinggymnasium, dem eine Mensa fehlt, für den Spielplatz einer Kindertagesstätte, die Stadtbibliothek und den Verein "Löwen für Löwen", der Menschen in Somalia hilft. Auch die örtlichen Sternsinger konnten sich über 10.000 Euro freuen.

Wer der Spender ist, warum er diese Empfänger ausgesucht hat, ob er sein Erbe verschenken will oder ihn sein schlechtes Gewissen plagt - alles das bleibt bislang im Dunkeln. Der Wohltäter ist offenbar nicht nur großzügig, sondern auch geschickt genug, sich nicht beim Wohltun erwischen zu lassen.

Pfarrer Kopkow hat keine Erklärung, warum seine Gemeinde zu den Beschenkten gehört, dass es "eine große Freude für alle war" kann er sagen, mehr nicht. Und auch Braunschweigs Finanzdezernent Ulrich Stegemann, in dessen (Rathaus-) Briefkasten der dickste Umschlag landete, kann nur mutmaßen: "Das zeugt von großer Verbundenheit mit Braunschweig."

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SZ vom 08.02.2012/jobr
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