Umzug in den Zoo:Trauerschwan lebt sich ein

Es war die Liebe des Sommers. Ein Trauerschwan verknallte sich auf dem Aasee in Münster in ein Tretboot in Schwanenform. Im Tierpark haben die beiden dank Zoodirektor Jörg Adler ein Winterquartier gefunden.

Claudia Fromme

SZ: Wie hat sich der Schwarze Peter bei Ihnen eingelebt, Herr Adler?

Jörg Adler; ap

Zoodirektor Jörg Adler im Schwanentretboot und der verliebte Trauerschwan

(Foto: Foto: ap)

Adler: Na ja, am Wochenende war das ziemlich aufregend hier. Einen ganzen Tag lang war der Schwan verschwunden - dachten wir jedenfalls. Während ich mit einem Motorboot den Aasee absuchte, haben Pfleger den Zoo durchkämmt.

Einem fiel dann irgendwann auf, dass sich das Schwanboot so komisch im Kreis dreht. Peter - der übrigens eine Petra ist, wie wir festgestellt haben - war in einen Hohlraum unter das Boot geschwommen und saß im Tretlager fest.

SZ: Sicherlich ist sie durch den ganzen Medienrummel verschreckt worden. Der Trauerschwan gilt gemeinhin ja als sehr empfindlich, was Unruhe angeht.

Adler: Das sieht bei Petra ganz anders aus! Ich konnte sie kaum wegkriegen von den Fernsehteams am Aasee. Offenbar kommt sie aus einer Haltung mit viel Menschenkontakt, in freier Wildbahn gibt es hier keine Trauerschwäne. Weil sie so auf Publikum steht, haben wir im Zoo viel zu tun, grad jetzt bei Regen, wo wenig Besucher da sind. Ich steige daher öfters zu ihr ins Wasser und unterhalte mich mit ihr.

SZ: Was sagen Sie ihr denn?

Adler: Ich rufe sie. Ungefähr so: Mimö! Mimö! Und sie antwortet mir dann. Ich will das aber nicht übertreiben, sonst steigt sie noch vom Boot auf mich um.

SZ: Ist Ihnen eine derart skurrile Liebe schon einmal untergekommen?

Adler: Doch, man hört immer wieder davon. Weltweit verlieben sich Eulen in Zapfsäulen, Uhus in Fußbälle, Kamele in Autos. Bei Tieren, die nicht in freier Wildbahn aufwachsen, kommen solche Fehlprägungen öfters vor. Dass unser Schwan einem Plastikschwan den Hof macht, hat sicherlich mit seiner Form zu tun.

SZ: Weltweit berichteten Fernsehsender über den Schwan. In China gibt es sogar eine Fanseite im Internet. Der Besitzer hat sich doch längst gemeldet, oder?

Adler: Jeden Tag meldet sich einer. Anrufer von Fehmarn waren dabei, aus Bayern. Aber das klingt alles nicht sehr wahrscheinlich, zudem trägt Petra keinen Ring. Also bleibt sie erstmal hier. Sie soll Botschafter sein für die Natur, daher haben wir auch einen Schwanenfonds eingerichtet. Die Spenden daraus sollen für Artenschutz allgemein verwendet werden.

SZ: Schwäne leben monogam. Wird Petra jetzt ewig das Plastikboot lieben?

Adler: Nicht unbedingt. Es ist keine echte Verpaarung, das Plastikboot antwortet ja nicht auf die Rufe des Schwans. Hier im Zoo haben wir drei männliche Trauerschwäne. Die leben derzeit noch drei Teiche weiter als unser neuer Gast - aber sie unterhalten sich schon mit ihm. Später wollen wir sie in Kontakt bringen.

SZ: Und dann wildern Sie ein neues Trauerschwanpaar aus, und auf dem Aasee gibt es dann eine Dreiecksbeziehung.

Adler: Sicher nicht! Als Artenschützer lasse ich das nicht zu, das wäre ein Frevel. Trauerschwäne sind hier Aliens und sie gehören nicht in unsere Fauna. Das neue Paar würde weiter bei uns im Zoo leben.

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