Süddeutsche Zeitung

Umzug der Mona Lisa:Silberblick in neuem Licht

Die Mona Lisa ist im Louvre umgezogen, jetzt schaut sie in großzügigerem Ambiente an ihren Bewunderern vorbei. Von Johannes Willms

Die Dame ist die bekannteste Unbekannte der Welt. Dickes, entspiegeltes Panzerglas schützt sie vor der Zudringlichkeit von Verrückten, die versucht sein könnten, durch ihre Zerstörung sich einen Namen zu machen.

Auch wenn sie keinem derzeit gängigen Schönheitsideal entspricht, gilt Lisa Gherardini, die Frau des Francesco del Giocondo, besser bekannt als Mona Lisa oder La Gioconda, als ewig gültiges Muster weiblicher Grazie und Anmut.

Ikone des Flirts

Das Geheimnis ihrer Ausstrahlung ist das Lächeln, das ihre Lippen umspielt und ihre Augen, die ihre Bewunderer nicht anschauen, sondern immer an ihnen vorbei zu blicken scheinen. Dieses von Leonardo da Vinci (1452 - 1519) geschaffene Weltwunder der Malerei, das berühmteste Bild schlechthin, ist die zeitlose Ikone des Flirts.

Nach vierjährigen Umbauarbeiten, die es brauchte, um den "Salle des États" im Pariser Louvre für die ebenso anspruchsvolle wie kapriziöse Dame umzugestalten, kann die Öffentlichkeit die bekannte Unbekannte ab Dienstagnachmittag in neuem Glanz und Licht bewundern, wenn nicht gar neu entdecken.

Nicht nur wird ihr Bildnis 150 Meter entfernt von ihrem alten Platz in einem neuen Glasschrein gezeigt, sondern ihre Gesichtszüge wie ihr Lächeln werden sich jetzt der Wahrnehmung des Betrachters in einer so bislang nicht geschauten Vollkommenheit präsentieren.

Das Geheimnis des Zaubers ist eine neue, den ganzen Saal gleichmäßig ausfüllende Lichtgestaltung, von der die Farben des Werkes in einer Wirkung, die dem Tageslicht ähnlich ist, zum Leuchten gebracht werden.

Weihevolle Andacht

In dem riesigen Saal im ersten Stock des Denon-Flügels im Louvre, der nach Plänen des Architekten Lorenzo Piqueras aufwändig umgestaltet wurde - die Kosten von rund fünf Millionen Euro wurden von dem japanischen Fernsehsender Nippon Television Network gestiftet - wird die Mona Lisa ihrem Rang gemäß an einer eigens im letzten Drittel des Raums quer zu dessen Längsachse aufgestellten Wand gezeigt.

Die zentrale Hängung des 77 mal 55 Zentimeter großen Bildes ermöglicht es, dass viele Besucher gleichzeitig das in Augenhöhe angebrachte Wunderwerk bestaunen können, ohne dass, so hofft jedenfalls die Leitung des Louvre, es zu dem unschönen Gedränge kommt, das in den vergangenen Jahren die weihevolle Andacht beim Betrachten des Bildes nachdrücklich störte.

Um den Andrang der Neugierigen - die meisten Besucher kommen in den Louvre nur dieses einen Bildes wegen - wurden zwei neue Zugänge von der Grande Galerie aus zum "Salle des États" angelegt, die sich vom Haupteingang unter der gläsernen Pyramide leicht erreichen lassen.

Bessere Lichtregie

An den Stirn- und Längsseiten des großen Ausstellungsraums sind eine Fülle von Meisterwerken der venezianischen Malerei des 16. Jahrhunderts ausgestellt, die - wie beispielsweise Tizians "Ländliches Konzert" oder die Riesenleinwand von Veroneses "Hochzeit von Canaan", die die gesamte Rückseite der Wand füllt, an der die Mona Lisa hängt - dieser in ihrem künstlerischem Rang zwar nicht nachstehen, vom Publikum aber kaum mit der nämlichen Begeisterung wahrgenommen werden.

Dass sich an solcher "Ungerechtigkeit" durch die neue Gestaltung des Ausstellungsraums und vor allem die erheblich verbesserte Lichtregie etwas ändern könne, ist eine stille Hoffnung der Museumsleitung, die sich davon nicht zuletzt auch eine weitere "Verflüssigung" der Besuchermassen verspricht.

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Quelle:
SZ vom 05.04.2005
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