Trotz weltweiter Proteste ist der wegen Mordes verurteilte Amerikaner Troy Davis am Donnerstagmorgen im US-Bundesstaat Georgia hingerichtet worden. Davis starb nach Angaben der Gefängnisverwaltung im Staatsgefängnis Jackson um 5.08 Uhr deutscher Zeit durch eine Giftspritze.
Die Hinrichtung hatte sich um mehrere Stunden verzögert. Bis zuletzt hatten die Anwälte des 42-Jährigen für einen Aufschub der Exekution gekämpft und noch kurz vor dem Hinrichtungstermin den obersten US-Gerichtshof in Washington angerufen. Die neun Richter des Supreme Courts berieten mehrere Stunden, lehnten dann aber den Antrag der Verteidigung ab.
In der Zeit warteten mehrere Hunderte Menschen vor dem Gefängnis. Sie protestierten mit Schildern und Sprechchören, riefen immer wieder "Todesstrafe? Zur Hölle nein!" und "Befreit Troy Davis", berichtete der US-Fernsehsender CNN. Ein Großaufgebot von Polizisten in Kampfausrüstung beobachtete die Lage. Auch vor dem Weißen Haus in Washington hatten zuvor rund 100 Menschen für Davis demonstriert.
Die Hinrichtung ist eine der umstrittensten in der US-Justizgeschichte überhaupt. Der Afroamerikaner Davis soll 1989 in Savannah in Georgia einen weißen Polizeibeamten umgebracht haben, doch die tatsächliche Schuldfrage erscheint ungeklärt. Davis selbst beteuerte während der 20 Jahre in der Todeszelle stets seine Unschuld. Eine Tatwaffe, DNA-Spuren oder Fingerabdrücke, die auf ihn als Täter hingedeutet hätten, wurden nie gefunden.
Auch zahlreiche Zeugen, die Davis im damaligen Mordprozess belastet hatten, haben in den vergangenen Jahren ihre Aussagen widerrufen oder gravierend abgeändert. Zudem tauchten neue Zeugen auf, nach deren Angaben sich ein anderer Mann zu der Tat bekannt hat.
Wegen der Zweifel an seiner Schuld sprach sich neben dem früheren US-Präsidenten Jimmy Carter, Papst Benedikt XVI. und dem südafrikanischen Erzbischof Desmond Tutu auch die Europäische Union gegen eine Vollstreckung des Todesurteils aus. Hunderttausende Menschen auf der ganzen Welt hatten sich für Davis eingesetzt.
Stunden vor seinem seinem Tod beteuerte Davis abermals seine Unschuld. Der Mord an dem Polizisten Mark MacPhail "war nicht meine Schuld, ich hatte keine Waffe", sagte er laut einer Journalistin. "An die, die mir das Leben nehmen wollen, möge Gott Euch segnen." In einem Brief an seine Unterstützer erklärte er, dass er Frieden gefunden habe, aber bis zum letzten Atemzug kämpfen werde.
Davis rief in seiner Botschaft dazu auf, auch nach seinem Tod weiter daran zu arbeiten, seine Unschuld zu beweisen - und die anderer Gefangener. "Dieser Kampf für Gerechtigkeit endet nicht mit mir", hieß es in dem Brief, den Amnesty International USA auf seiner Facebook-Seite veröffentlichte. "Dieser Kampf ist für alle Troy Davises, die vor mir kamen, und für alle, die nach mir kommen werden."
Neben Davis befassten sich die Obersten Richter mit einem zweiten Mann, der in der Todeszelle sitzt. Der Supreme Court setzte die geplante Tötung aus - es ist damit die zweite gestoppte Exekution in Texas innerhalb einer Woche. Der 47-jährige Cleve Foster, verurteilt wegen Vergewaltigung und Ermordung einer jungen Frau, stand nach Medienberichten am Dienstag nur zweieinhalb Stunden vor der Exekution, als der Supreme Court einschritt. Das Gericht will demnach einen Berufungsantrag Fosters prüfen. Darin hat der Häftling mangelhafte Rechtsvertretung während früherer Gerichtsprozeduren geltend gemacht.
Die USA sind einer von weltweit 58 Staaten, in denen die Todesstrafe noch offiziell vollstreckt wird. Amnesty registrierte 2010 nur in China, dem Iran, Nordkorea und dem Jemen mehr Hinrichtungen als in den Vereinigten Staaten. In 34 der 50 US-Bundesstaaten sehen Gesetze die Todesstrafe für schwere Verbrechen vor. Darüber hinaus kann die Todesstrafe im ganzen Land nach Bundes- und Militärrecht verhängt werden. Seit Wiederaufnahme der Hinrichtungen 1977 wurden nach Angaben des US- Death Penalty Information Centers (DPIC) 1267 Todesurteile vollstreckt, darunter 33 im laufenden Jahr.