U-Boot-Wrack in Nordsee:U-31, der Krieg und das Seemannsgarn des Barons

Seabed Scanning for East Anglian windfarm reveals Uncharted WWI G

Arbeiter eines britischen Windparkbetreibers entdeckten das Wrack von U-31 auf dem Meeresgrund vor England.

(Foto: dpa)
  • Vor der ostenglischen Küste wurde ein Wrack als deutsches Unterseeboot aus dem Ersten Weltkrieg identifiziert.
  • U-31 galt 101 Jahr als verschollen. Bislang gab es nur die skurrile Geschichte eines anderen U-Boot Kapitäns, die somit als Legende enttarnt wurde.
  • In der bundesdeutschen Marine gibt es ein hochmodernes U-Boot, das ebenso den Namen U 31 trägt.

Von Oliver Das Gupta

Wilhelmshaven am 13. Januar 1915: U-31 läuft mit zwei weiteren Booten zu einer Patrouillenfahrt aus. Oberleutnant zur See Siegfried Wachendorff, der erst 28 Jahre alte Kapitän, lässt Kurs nach Westen nehmen. Der Erste Weltkrieg dauert bald ein halbes Jahr. An Land hat sich die Front im Westen in den Schützengräben festgefressen.

Doch die kaiserliche Marine ist in jenen Tagen in Hochstimmung: Erst wenige Tage zuvor hatte ein anderes deutsches Unterseeboot im Ärmelkanal das britische Schlachtschiff Formidable torpediert - ein großer Erfolg für die erst etwas mehr als 20 U-Boote zählende Flotte des marineverrückten Wilhelm II.

U-31 soll vor der Südostküste Englands operieren. Doch von der zweiten Feindfahrt in der Nordsee kehrt es nicht mehr zurück.

Gewissheit durch Metalltafel

101 Jahre später ist der Verbleib von Kapitän Wachendorff und seinen 34 Männern geklärt. 90 Kilometer vor der britischen Küste ist ein Wrack als das deutsche U-Boot identifiziert worden.

2012 war es von Arbeitern eines britischen Windparkbetreibers in 30 Metern Tiefe entdeckt worden. Zunächst wurde das Kriegsrelikt für ein verschollenes niederländisches U-Boot aus dem Zweiten Weltkrieg gehalten. Nachdem Taucher der niederländischen Marine das Wrack inspizierten, wurde klar, dass es sich um ein deutsches Boot handelt. Eine geborgene Metalltafel, die als "Fahrt-Tabelle" diente, brachte Gewissheit.

Wenige Wochen nach dem Verschwinden von U-31 eskalierte das Deutsche Reich den Seekrieg. Das Meer um die Britischen Inseln wurde zur Kampfzone erklärt. Im Februar 1915 befahl die deutsche Führung den U-Boot-Krieg gegen Handelsschiffe kriegführender und neutraler Staaten innerhalb dieser Gewässer.

Die Folgen dieses Schrittes trugen mit zum Kriegseintritt der USA auf Seiten von Frankreich, Großbritannien und deren Verbündeten bei. Im Mai 1915 verstärkte die Torpedierung des Passagierdampfers Lusitania - mit ihr gingen neben Kriegsgerät auch 128 Amerikaner unter - die antideutschen Stimmungen in Washington.

Zwei Jahre später wurde die Laconia Opfer eines deutschen U-Bootes. Diesmal waren unter den zwölf Toten zwei Amerikanerinnen. Der Vorfall und die bekannt gewordene Zimmermann-Depesche (hier mehr dazu) führten zur Kriegserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika an Berlin, dessen Niederlage im globalen Gemetzel damit besiegelt war.

"U 31" - das modernste U-Boot der bundesdeutschen Marine

U-Boote wurden auch nach Friedensschluss weiterentwickelt. Im Zweiten Weltkrieg gab es bei der deutschen Kriegsmarine erneut ein Boot namens U-31, das 13 Schiffe versenkte, ehe es von einem britischen Zerstörer versenkt wurde.

In der bundesdeutschen Marine fährt heute ein drittes U 31. Der Typ gilt als modernstes nicht atomar betriebenes Unterseeboot weltweit: Es ist fähig, drei Monate unter Wasser zu bleiben und kann durch technisches Gerät kaum wahrgenommen werden. Es fährt mit Brennstoffzellenantrieb.

Das U-31, das seit einem Jahrhundert vor der Küste Norfolks liegt, hatte einen dieselelektrischen Antrieb, der es insgesamt auf mehr als 3000 PS brachte.

Ob für die Besatzung eine Mine zum Verhängnis wurde oder U-31 wegen eines technischen Fehlers havarierte, kann vielleicht noch geklärt werden. Für ein Jahrhundert unter Wasser scheint das Wrack in gutem Zustand zu sein. Das einst 65 Meter lange Boot scheint nun kürzer zu sein, was ein Hinweis auf eine Explosion sein könnte.

Bisher hatte es nur eine - ziemlich schräge - Erklärung für das Schicksal von U-31 gegeben. Sie stammt von Baron Edgar von Spiegel, der als Kapitän eines der anderen beiden U-Boote befehligte, die mit U-31 am 13. Januar 1915 Wilhelmshaven verlassen haben.

Spiegel behauptete, das vermisste Boot sei sechs Monate später an die britische Küste getrieben worden. An Bord wäre alles "in perfekter Ordnung" gewesen, Offiziere und Mannschaften hätten auf ihren Posten wie Schlafende gewirkt - "aber sie waren tot!". Der Adelige vermutete ausgetretene Gase als Todesursache. Das Wrack am Meeresboden enttarnt nun wenigstens diese Geschichte als Seemannsgarn.

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