Im ersten Schock wollten die meisten Leute den höheren Schutzwall. "Nun sind viele dagegen", sagt eine junge Mutter, "Otsuchi ist ein Städtchen der Fischer, die vom Meer leben. Es sehen wollen. Aber man kann nichts machen."
Experten warnen, Tsunamiwälle würden die Menschen in falscher Sicherheit wiegen. Die Beamten von Otsuchi sind ein Beispiel dafür. "Die Zentralregierung hat das beschlossen", sagt Bürgermeister Hirano zur neuen Mauer. Tokio zahlt ihren Bau, entlang der Sanriku-Küste finanziert es 400 Kilometer neue Schutzwälle. Für deren teuren Unterhalt muss dann die Präfektur aufkommen, die, wie Beamte freimütig zugeben, dafür aber kein Geld hat.
In Otsuchi wohnen nach fünf Jahren noch 3000 Menschen in Containern, ein Viertel der Einwohner. Der Bau neuer Häuser zieht sich hin. Alle klagen, es gebe zu wenig Arbeiter, das Bauen würde stets teurer, das Material auch. Sie machen die Olympischen Spiele dafür verantwortlich, für die Tokio Baukapazität abziehe, die zur Nothilfe gebraucht würde.
Alkoholismus und Depressionen
In den Containersiedlungen leben die Menschen eng zusammengepfercht, es kommt zu Konflikten, Alkoholismus, Depressionen und Suiziden. Hilfsorganisationen versuchen, den Menschen einen Sinn zu geben. Im Komplex Kozuchi 8 mit 120 Containern wurden für die Frauen eine Nähgruppe organisiert, die in fünf Jahren für fast eine Million Euro Kleider produziert hat.
Für Schüler aus den Notunterkünften gibt es eine Abendschule. Dort könne sie ihre Hausaufgaben machen, im Container mit der ganzen Familie finden die Kinder keinen Platz zum Lernen.
Klagen über den Lärm der Nachbarn
Die Menschen sehnen sich danach, endlich wieder in Häusern zu wohnen. Aber sie seien dann oft enttäuscht, erzählt die Sozialarbeiterin Wakako Usuzawa. "Viele beklagen sich über den Lärm der neuen Nachbarn", so sehr hätten die Jahre im Container sie gestresst.
Otsuchi hat stets vom Fisch und seiner Verarbeitung gelebt, vor allem vom Lachs. Auf der Nordseite der Bucht, wo die Betontrümmer der Tsunamimauer noch heute liegen, ist ein neuer Pier gebaut worden. Daneben hat sich eine kleine Verarbeitungskooperative eingerichtet. Aber die Fänge sind gering, nach dem Tsunami haben die Fischer 2011 keine jungen Fische ausgesetzt, das rächt sich jetzt.