SZ-Kolumne "Bester Dinge":Ein Kahn auf Weltreise

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(Foto: Newsflash)

Wie ein verloren geglaubtes Fischerboot fast zehn Jahre nach dem Tsunami in Japan wieder aufgetaucht ist - nach einer vermutlich sehr, sehr langen Fahrt.

Von Mareen Linnartz

Es sind Stücke von Treibgut, die von einer Katastrophe künden, einerseits. Aber sie erzählen auch Geschichten, die ein wenig Zuversicht geben. April 2012: Ein Fußball wird auf der Middleton Island vor Alaska an Land geschwemmt. In japanischen Schriftzeichen steht "Viel Glück" darauf, eine detektivische Suche beginnt: Wer hat damit gespielt? Einen Freistoß geschossen, Tricks geübt, vielleicht gar ein Spiel damit gewonnen? Es ist ein Teenager, Misaki Murakami, 16, dessen Familie durch den Tsunami in Japan im März 2011 das Haus verloren hat, und der nun seinen Ball zurückbekommt. Mai 2012: Eine Harley-Davidson taucht aus dem Meer vor Kanada auf, rostig, verwittert. Das Nummernschild verrät den Eigentümer: Ikuo Yokoyama, er freut sich - und vermacht sein Motorrad einem Museum in Milwaukee.

Und jetzt, Ende 2020, fast zehn Jahre nach dem Unglück: Ein kleines Fischerboot strandet auf der japanischen Insel Hachijo, 650 Kilometer nördlich des Küstenstädtchens Kesennuma, wo es damals verschluckt worden war.

Einmal nach Amerika und zurück

Die Strömungen, so vermutet es ein örtlicher Experte, werden es an die US-amerikanische Westküste getrieben haben, bevor der Nordäquatorialstrom es wieder zurückbeförderte. Durch welche Abenteuer ist es gegangen? Waren auch mal Wale an seiner Seite? NG8-44387 steht in verwitterten Zeichen auf dem Bug. Wer hat es zuletzt gesteuert? Lebt derjenige noch? Hätte er es gerne wieder? Das alles weiß man nicht.

Was man weiß: An den Seitenwänden sind über die Jahre Korallen gewachsen. Krabben sausten über die Planken, als es gefunden wurde, in einer Lache schwamm ein Fisch. Bei seiner Rückkehr in die Heimat war das Boot also gefüllt mit: Leben.

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