Das beschauliche Trier hat vieles, was andere deutsche Städte nicht haben. Es hat die Porta Nigra, weil Trier von den Römern schon gegründet wurde, als man ringsherum noch nicht wusste, was eine Stadt ist. Es hat das Karl-Marx-Haus, weil der Urvater des Kommunismus nun mal in dieser Stadt das Licht der Welt erblickte. Und es hat ein Hindenburg-Gymnasium, weil ... ja, warum eigentlich?
Vor 75 Jahren ernannte Hindenburg Hitler zum Reichskanzler. Ein Grund für die Stadt Trier, ihr Hindenburg-Gymnasium umzubenennen.
(Foto: Foto: AP)91 Jahre nach der Umbenennung dieses Gymnasiums aus "Königliches Realgymnasium mit Realschule" in Hindenburg-Gymnasium haben sich die Politiker aller Parteien nun auch mal die Frage gestellt, ob es zeitgemäß ist, dass ein Gymnasium noch nach dem Mann heißt, der vor 75 Jahren Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannte. Noch dazu ausgerechnet ein Gymnasium, dass sich nicht zu Unrecht seines bilingualen deutsch-französischen Ansatzes rühmt.
Zwar gab es schon in der Vergangenheit immer wieder Versuche, das Hindenburg-Gymnasium umzubenennen. Der damalige Schuldirektor Karl Zengerle regte es schon 1959 an; SPD-Politiker brachten den Vorschlag in den 80er Jahren in die Diskussion. Doch weit kamen sie damit jeweils nicht, es scheiterte einmal an dem Veto des damaligen Kultusministers sowie wohl generell daran, dass viele in der Bevölkerung noch dachten, "die Verdienste des ehemaligen Generalfeldmarschalls und Chefs der Obersten Heeresleitung" könne wohl auch die SPD nicht bestreiten, wie es ein örtlicher Leitartikler 1981 formulierte.
Hitler, sein Verhängnis
Doch nun, wie aus heiterem Himmel, hat sich eine große Allianz gebildet, die quer durch alle Stadtratsfraktionen und von den Lehrern bis zu den Schülern des betroffenen Gymnasiums reicht und die sagt: Nein, danke, Hindenburg wollen wir nicht mehr. Dass sich Hitlers Ernennung zum Reichskanzler und Hindenburgs Rolle in diesem Prozess zum 75. Mal jährt, war wohl ausschlaggebend für das erneute Erscheinen dieser Frage auf der politischen Agenda. Im März entscheidet der Stadtrat, das Ergebnis gilt als klar.
Kritik an der Idee kommt nur selten. Und wenn doch, dann werden noch viel seltener irgendwelche Hindenburgschen Verdienste angeführt. Stattdessen geht's ein bisschen pragmatischer zu. Beispiel: Was sollen die armen Kinder später mal in ihren Lebenslauf schreiben, "von 20xx bis 20xx Schüler des damaligen Hindenburg- und heutigen Wieauchimmer-Gymnasiums" vielleicht? Das würde ja nicht gerade schön aussehen. Nun gut, wenn es sonst keine Probleme gibt, diese Klippe dürfte umschiffbar sein.
Viel spannender ist es, zu beobachten, ob sich aus der großen politischen Harmonie nicht doch noch eine politische Auseinandersetzung entwickelt. Die SPD will nämlich in einem Abwasch mit dem Gymnasium auch noch die ebenfalls existierende Hindenburg-Straße umbennen lassen, die CDU hält dagegen, eine Bildungsstätte sei etwas anderes als eine Straße.
Unabhängig von der Straßenfrage kommt auf die Trierer aber noch ein Problem zu. Denn einen Namen abzulegen ist das eine, einen schönen neuen zu finden das andere. Wegen des bilingualen Schwerpunkts denken viele an eine Persönlichkeit, die sich im deutsch-französischen Dialog Verdienste erworben hat.
Schlecht nur, dass Robert Schuman bereits der Namensträger einer Realschule ist. Karl-Marx-Gymnasium wäre natürlich naheliegend, doch interessanterweise dürfte das gerade seinen Sympathisanten nicht schmecken. Denn die wollen den Namen reservieren, um die noch namenlose Uni der Stadt auf der Tarforster Höhe irgendwann doch noch in Karl-Marx-Universität umbennen zu können.