Süddeutsche Zeitung

Trauerfeier in Duisburg:"Die Loveparade wurde zu einem Totentanz"

Mit einem bewegenden Trauergottesdienst gedenkt die Stadt Duisburg der 21 Opfer der Massenpanik auf der Loveparade. Auch Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Wulff nahmen an den Feierlichkeiten teil.

Eine Woche nach der Massenpanik auf der Duisburger Loveparade haben Tausende Menschen der 21 Todesopfer gedacht.

In der Salvatorkirche versammelten sich rund 550 Trauende zum offiziellen Gedenkgottesdienst. Auch Bundespräsident Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Bundestagespräsident Norbert Lammert (CDU) und die Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen, Hannelore Kraft (SPD), nahmen an der Zeremonie teil.

Zu Beginn der Trauerfeier wurden eine Kerze und ein Kondolenzbuch von dem nahe gelegenen Unglücksort an einem Tunnel zum Altar gebracht. Rettungskräfte, Notfallseelsorger und andere Einsatzkräfte zündeten 21 Kerzen für die Opfer der Katastrophe an.

Den etwa einstündigen Trauergottesdienst leiteten der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Nikolaus Schneider, und der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck. Schneider sprach von "Trauer und Verzweiflung, Hilflosigkeit und Wut", die das Denken der Menschen beherrschten. Er erwähnte in seiner Predigt aber auch "Erwachsene, die wie versteinert Verantwortung von sich weg schieben." Schneider weiter: "Wir können unsere Verstorbenen nicht mehr körperlich spüren. Wir können nicht mehr gemeinsam mit ihnen lachen und weinen, streiten und uns versöhnen. Aber wir tragen sie in unseren Herzen und in unseren Gedanken." Zudem sagt er, die Loveparade sei zu einem "Totentanz" geworden. Mitten hinein "in ein Fest überbordender Lebensfreude hat der Tod uns allen sein schreckliches Gesicht gezeigt". Das "Vertrauen in Gottes Gerechtigkeit und Liebe hat deshalb Risse bekommen".

Bischof Overbeck verwies darauf, dass trotz des schrecklichen Endes der Loveparade "etwas bleibt und weitergeht, was deren Namen zum Ausdruck bringt: die Liebe". Sie verbinde "uns Menschen, miteinander und mit Gott".

Die Gedenkfeier wurde auch auf Großleinwänden im Duisburger Fußballstadion und in zwölf weiteren Kirchen übertragen. Statt der erwarteten zehntausenden Bürger fanden sich zunächst allerdings nur einige hundert im Stadion ein. Augenzeugen berichteten, es sei nur zu knapp einem Viertel ausgelastet gewesen.

Kraft bei Rede sichtlich bewegt

Unter den Politikern, die ihre Anteilnahme ausdrückten, war auch Außenminister Guido Westerwelle (FDP). Der Duisburger Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) blieb der Gedenkfeier fern, da er nach Angaben eines Stadtsprechers "die Gefühle der Angehörigen nicht verletzen und mit seiner Anwesenheit nicht provozieren" wollte. Aus demselben Grund erschien auch Veranstalter Rainer Schaller nicht bei den Trauerfeierlichkeiten.

Sichtlich bewegt gedachte NRW-Ministerpräsidentin Kraft der Opfer. Das Leben junger Menschen sei grausam und jäh beendet worden, sie seien aus ihren "Hoffnungen und Träumen, aus ihren Zukunftsplänen, Familien und Freundeskreisen" gerissen worden. "Sie alle hatten ihre ganze Zukunft noch vor sich." Kraft, deren Sohn auch auf der Loveparade war, sagte, sie könne nachempfinden, "was Eltern, Geschwister, Großeltern und Freunde durchlitten haben, die stundenlang auf ein Lebenszeichen warten mussten" Die SPD-Politikerin versprach eine Aufklärung der Schuldfrage. "Wer trägt die Schuld? Wer ist verantwortlich? Diese Fragen müssen und werden eine Antwort finden", sagte Kraft und sicherte den Hinterbliebenen zugleich unbürokratische Hilfe zu. "Aber wir wissen auch: Wir können ihren Schmerz nicht lindern." Viele Menschen seien traumatisiert "angesichts der Bilder, die sie für immer in sich tragen". Kraft machte deutlich: "Uns alle lässt das Geschehen nicht los."

Am Nachmittag soll sich ein Trauermarsch vom Duisburger Hauptbahnhof zur Unglücksstelle in Bewegung setzen. Auch hier werden Tausende Teilnehmer erwartet. Bei der Loveparade am 24. Juli waren 21 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 500 wurden verletzt.

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