Trauerfeier für Karlheinz Böhm:Bilder aus einem Heldenleben

Trauerfeier für Karlheinz Böhm in Salzburg

"Wir werden Dich nie vergessen". Etwa 400 Menschen haben in Salzburg Abschied von Karlheinz Böhm genommen.

(Foto: dpa)

Die Zeremonie in Salzburg ist nicht bloß eine Trauerfeier für Karlheinz Böhm, sie ist zugleich Werbung für sein Lebenswerk. Denn seit einer Weile werden von zwei Großspendern immer wieder Vorwürfe gegen seine Organisation erhoben. Da passt es gut, dass die Vizepremierministerin von Äthiopien rührende Worte findet.

Von Cathrin Kahlweit, Salzburg

Das Klarinettenkonzert in A-Dur von Mozart, insbesondere der zweite Satz, ist millionenfach gespielt, wunderschön, und für Cineasten vor allem mit Robert Redford verbunden. Der hat, als er mit Meryl Streep in "Jenseits von Afrika" unterwegs ist, ein Grammophon dabei und spielt den Tieren der kenianischen Savanne Mozart vor. Eine so ergreifende wie komische Szene.

Bei der Trauerfeier für Karlheinz Böhm kommt der zweite Satz auch zum Vortrag, gleichzeitig wird ein Foto von Böhm an die Leinwand im Carabinerisaal der Salzburger Residenz projiziert. Er steht, mit dem Rücken zum Betrachter, auf einer Anhöhe, die verblüffend jener gleicht, die eine wichtige Rolle in "Jenseits von Afrika" spielt: ein Hügel, unter dem sich eine schier endlose Ebene erstreckt, über alledem der grandios weite, afrikanische Himmel.

Das Foto von Böhm, dem Schauspieler, Philantrophen, Stifter, Entwicklungshelfer, Ehren-Äthiopiers, ist offenbar bei Merhabete in Äthiopien aufgenommen; die Musik von Mozart lässt aber unwillkürlich andere Assoziationen entstehen: Böhm und Redford, Kino und politisches Engagement, große Karriere und große Projekte. Afrika und Afrika. Zwei Heldenleben.

Mehr als 5,5 Millionen Menschen profitieren von Böhms Engagement

Ob das beabsichtigt war? Einiges, was die etwa 400 Gäste der Trauerfeier für den Österreicher zu hören bekamen, war sicherlich für die Öffentlichkeit gedacht, mehr noch: für die Spender von "Menschen für Menschen".

Böhm, der jetzt mit 84 Jahren starb, hatte 1981 bei "Wetten dass..?" Spendengelder für Afrika erbeten, war in die Sahelzone in Äthiopien gefahren, wo Hunger und Leid besonders groß sind - und hatte ein zweites Leben begonnen. "Menschen für Menschen" hat mittlerweile 900 Mitarbeiter, davon 750 in Afrika, die Organisation hat 300 Schulen und zahlreiche Krankenstationen gebaut, Landwirtschafts- und Frauenprojekte eingerichtet, Mikrokredite vergeben.

Mehr als 5,5 Millionen Menschen profitieren von Böhms Engagement. Seit einer Weile werden von zwei Großspendern immer wieder Vorwürfe erhoben: die Schulen seien zu teuer, die Projekte seien fahrlässigerweise an die äthiopische Regierung übergeben worden, die sich nicht genug kümmere. Und Vorwürfe gegen Böhms dritte Frau, Almaz Böhm, wurden auch laut, sie habe sich in den vergangenen Jahren nicht mehr genug um ihren hinfälligen Mann gekümmert. Ungute Geschichten, persönliche Angriffe.

Viel wurde gemunkelt, wenig bewiesen. "Menschen für Menschen" hat den TÜV und Unternehmensberatungen prüfen lassen, hat alle nötigen Spendensiegel, aber irgendetwas bleibt immer hängen. Daher betonen die Mitstreiter Böhms, die für den Verein in Deutschland, Österreich und der Schweiz zuständig sind, in ihren Gedenkreden immer wieder, wie sparsam Böhm gewesen sei, wie sehr er darauf geachtet habe, dass jeder Cent Spendengeld bei jenen ankommt, für die es gedacht ist. Der Subtext ist klar: Nach Karlheinz Böhm, mehr als zwei Jahrzehnte Motor und Seele des Vereins, der sich der Hilfe zur Selbsthilfe verschrieben hat, fehlt "Menschen für Menschen" sein berühmtes Aushängeschild. Aber der Verein soll ja weiterleben, und am besten weiter wachsen.

Große Gefühle und große Scham

Und so ist diese Trauerfeier für den Mann, der mit "Sissi" berühmt wurde, sich von der amerikanischen Filmindustrie vergeblich ein neues Image erhoffte und schließlich seine Erfüllung im Helfen fand, auch eine Werbefeier für sein Werk. Woran ja nichts Schlechtes ist, im Gegenteil.

Überhaupt scheint es so zu sein, dass Menschen, die ihr Leben umkrempeln und das tun, wovon andere nur reden, große Gefühle und große Scham in anderen freisetzen. Einer wie Böhm, der ziemlich kompromisslos Verschwendung und Kälte in anprangerte, trifft einen Nerv bei jedem, der um die Möglichkeit einer besseren Welt weiß. Und der sich schämt, dass man bei den Berichten über Hungersnöte und Genitalverstümmelung im Fernsehen weniger hinschaut als bei der Kurznachricht über den neuen Film von Angelina Jolie.

Der Landeshauptmann von Salzburg, Wilfried Haslauer, formuliert das ziemlich gut und drastisch, als er sagt, wir alle wollten lieber "weiterzappen zum Katzenfutter, als uns den Tag mit Entsetzen den Tag verderben zu lassen". Und Horst Köhler, Bundespräsident a.D., der selbst einen Teil seines Lebens in Afrika verbracht hat, spricht über seinen Freund Karlheinz als einen, dessen Arbeit sich aus den "Erschütterungen der Seele" genährt habe. Böhm habe Entwicklungshilfe als "Beziehungsarbeit" verstanden und sei "treu" gewesen. Er habe sich entschieden, dauerhaft zu helfen: "Ich bin hier, und ich gehe nicht mehr weg."

Er ist tatsächlich geblieben in Äthiopien, und es ist rührend, wie die Vizepremierministerin des Landes , Aster Mamo, versucht, sein Leben zu würdigen. Denn in ihrer Rede kommen viele Worte vor, die sie nicht gut aussprechen kann, "Wetten dass..?" und "Peeping Tom". Aber das sagt sie klar und deutlich: Karlheinz Böhm, der in Salzburg beerdigt wurde, habe in ihrer Heimat "einen Unterschied gemacht". Wer kann das schon von sich sagen.

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