Trauerfeier für die Opfer des Germanwings-Absturzes:"Es ist etwas zerstört worden, was nicht geheilt werden kann"

Trauerfeier für Germanwings-Opfer im Kölner Dom

Bundespräsident Joachim Gauck bei seiner Trauerrede.

(Foto: dpa)
  • Mehr als 500 Angehörige der Opfer sind zur Trauerfeier für die Toten des Germanwings-Absturzes in den Kölner Dom gekommen, außerdem Spitzenpolitiker aus Deutschland, Frankreich und Spanien.
  • Die Angehörigen der Opfer wurden so weit wie möglich abgeschirmt. Sie sollen in Ruhe an dem Gottesdienst teilnehmen können.
  • Bei dem anschließenden Staatsakt reden Bundespräsident Gauck und die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin Kraft.

Staatsakt im Kölner Dom

Auf der Treppe vor dem Altar des Kölner Doms stehen 150 weiße Kerzen, jeweils eine für jeden der 150 Menschen, die bei dem Absturz der Germanwings-Maschine vor drei Wochen ums Leben gekommen sind.

Mit einem Trauergottesdienst und einem staatlichen Trauerakt gedenkt Deutschland seit zwölf Uhr der Opfer der Katastrophe. Die Veranstaltung wird live im Fernsehen übertragen. Für ganz Deutschland ist Trauerbeflaggung angeordnet. Die Maschine war am 24. März in den französischen Alpen zerschellt. Copilot Andreas Lubitz wird verdächtigt, das Flugzeug mit Absicht zum Absturz gebracht zu haben.

"Es sind 150 Opfer", sagte der Kölner Kardinal Rainer Woelki vor der Veranstaltung. Auch für den Copiloten brennt eine Kerze, das Urteil über ihn müsse man Gott überlassen. Die Eltern von Lubitz sind ebenfalls zur Trauerfeier eingeladen, werden aber nicht teilnehmen.

Kurz vor dem Trauergottesdienst ist die Stimmung in Köln gedrückt. Vor dem abgesperrten Dom wurden erste Blumen niedergelegt. Auf vielen Werbetafeln der Innenstadt sind statt bunter Bilder schwarze Trauerschleifen zu sehen. 4U9525 steht darauf, das war die Flugnummer des Germanwings-Airbus.

500 Angehörige nehmen an der Trauerfeier teil

1400 Gäste, darunter 500 Angehörige, 50 Helfer von der Unfallstelle und viele Politiker werden zu der eineinhalbstündigen Trauerfeier erwartet. Die Angehörigen sollen so weit wie möglich abgeschirmt werden, Journalisten wurden deshalb gebeten, von jeglichen Interviews abzusehen.

Gastgeber der Feier, einem ökumenischen Gottesdienst, sind der katholische Erzbischof von Köln, Rainer Maria Woelki, und Annette Kurschus, Präses der Evangelischen Kirche von Westfalen. "Unbegreifliches ist geschehen. Eltern und Kinder, Männer und Frauen, Freundinnen und Freunde, Kollegen und Kolleginnen wurden aus dem Leben gerissen", sagte Kurschus in ihrer Predigt.

Eine ganzes Land rücke derzeit zusammen im "Aushalten-Müssen und im Begreifen-Wollen". Beides sei kaum möglich, aber selbst in der größten Trauer könne man eine Bitte an Gott richten: "Sammele unsere Tränen in deinem Krug. Mach unser Weinen zu deinem", so Kurschus.

"Ich habe keine Antwort für Sie auf das schreckliche Unglück vom 24. März", sagte Woelki. Bloße Worte seien ohnehin zu schwach, um zu trösten, so der Erzbischof von Köln. Die Betroffenen seien "auf ganz unterschiedliche Weise verzweifelt, tief traurig und versteinert vor Schmerz". Jeder Moment des Lebens sei unwiederbringlich. Aber sie seien nicht allein "in diesen Stunden der Einsamkeit". "Wir glauben, dass diese 150 Menschen nicht verschwunden und ins Nichts gegangen sind, als sie aus der Welt geschieden sind", sagte Woelki weiter.

Trauerfeier für Germanwings-Opfer im Kölner Dom

Eine Kerze für jedes der Opfer, die auf Flug 4U9525 ums Leben gekommen sind.

(Foto: dpa)

Reden von Bundespräsident Gauck und NRW-Ministerpräsidentin Kraft

Beim staatlichen Trauerakt haben Bundespräsident Joachim Gauck und Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft Reden gehalten. In den vergangenen Wochen der Trauer habe sie viele Momente tiefer menschlicher Verbundenheit erlebt - etwa am Düsseldorfer Flughafen, in Frankreich oder in Haltern, sagte Kraft. "Ich spürte die Verzweiflung und den Schmerz. Ein Schmerz, der nicht zu ermessen ist. Aber ich spürte auch Halt und Trost, den wir einander gerade in den dunkelsten Stunden geben können", so die nordrhein-westfälische Ministerpräsidentin.

"Es ist etwas zerstört worden, das in dieser Welt nicht mehr geheilt werden kann", sagte Bundespräsident Gauck. Zu Trauer und Schmerz komme die schreckliche Erkenntnis, dass dieses Unglück nicht durch einen technischen Defekt verursacht worden sei, sondern durch das Handeln eines Einzelnen, der "viele andere mit in den Tod gerissen" habe, "den er für sich selber gesucht hatte".

Trauerfeier für Germanwings-Opfer im Kölner Dom

Vertreter aller Verfassungsorgane der Bundesrepublik sind zur Trauerfeier für die Germanwings-Opfer angereist.

(Foto: dpa)

"Vielleicht ist es ja das, was uns so sehr erschreckt hat: die Sinnlosigkeit des Geschehens", sagte Gauck. Bei vielen Menschen sei die Trauer in Wut und Zorn umgeschlagen. Aber auch die Angehörigen des Copiloten hätten einen geliebten Menschen verloren.

An der Trauerfeier nehmen auch Kanzlerin Angela Merkel, Bundestagspräsident Norbert Lammert und Hessens Ministerpräsident Volker Bouffier, der derzeitige Präsidenten des Bundesrates, teil, ebenso der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle.

Angereist sind außerdem Vertreter der spanischen und der französischen Regierung. Der Bürgermeister von Le Vernet, dem Dorf, das der Absturzstelle am nächsten liegt, ist ebenfalls in den Kölner Dom gekommen. 250 Plätze im Kölner Dom sind für die Bevölkerung reserviert. Im Gebäude selbst gilt die höchste Sicherheitsstufe.

Lufthansa schaltet ganzseitige Traueranzeige

Mit einer ganzseitigen Traueranzeige in mehreren großen Tageszeitungen hat die Lufthansa der Todesopfer des Germanwings-Absturzes in Frankreich gedacht. "Wir trauern um unsere Passagiere und Kollegen, die am 24. März 2015 bei dem Flugzeugunglück der Germanwings in der Nähe von Seyne-les-Alpes ihr Leben verloren haben", heißt es in der Anzeige der Lufthansa Group, die am Freitag veröffentlicht wurde. "Wir werden sie nie vergessen." Der Germanwings-Mutterkonzern wandte sich auch an die Hinterbliebenen der 150 Opfer: "Wir werden Ihnen beistehen."

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