Tote Storchenbabys:Auf der Suche nach dem "Giftmörder"

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Nach dem überraschenden Tod dreier Küken eines beliebten "Internet-Nests", rätseln Storchenfans nun über die Hintergründe. Die Betreuer vermuten vergiftetes Futter als Todesursache.

Ein schwaches Fiepen war das letzte Lebenszeichen, das die Storchenfreunde im Internet hörten.

Im Internet stieß die Live-Übertragung aus dem Storchennest auf reges Interesse. (Foto: Foto: NABU / storchennest.de)

Dann zeigte die Live-Kamera im Storchennest im brandenburgischen Vetschau nur noch drei reglose Flaumknäuel.

Was die Fangemeinde daraufhin befürchtete, wurde letztlich traurige Gewissheit: Alle drei Storchenküken - Herbert, Bibi und CleoPa - sind tot.

Mittlerweile gehen die Betreuer davon aus, dass die Babystörche an vergiftetem Futter starben. Und so treibt Storchenfans und Umweltschützer nun die gleiche Frage um: Wer ist der "Giftmörder"?

Große Fangemeinde

Dabei hatte die Geschichte der Storchenfamilie von Cico und Luna so schön begonnen: Das Paar hatte sein Nest gebaut und geduldsam Eier ausgebrütet, bis in den ersten Junitagen Herbert, Bibi und CleoPa das Licht der Welt erblickten - und zwar unter den Augen von Storchenfans aus aller Welt.

Mehr als 200.000 Zugriffe auf die Vetschauer Site wurden pro Tag gezählt. Umso härter trifft die Storchenfans nun der überraschende Tod der Küken. Winfried Böhmer vom Naturschutzbund glaubt als Leiter des Projekts weder an eine Infektion noch an einen Tod durch Unterkühlung.

Schließlich waren die Jungstörche zuvor putzmunter - und geregnet hatte es in den Tagen vor ihrem Tod auch kaum. Für Böhmer gibt es nur einen logischen Schluss: "Wir glauben, dass die Storchenküken an Gift starben."

Aufklärung ist schwierig

Woher das Gift stammt, kann er genau wie die vielen aufgebrachten Storchenfans im Internet nur vermuten. Hat vielleicht ein Kleingärtner in der Umgebung Schnecken- und Mäusegift ausgelegt oder ein Bauer übermäßig viel Insektizide versprüht? Oder hat ein Umweltsünder die Storchenküken auf dem Gewissen, weil er illegal Giftstoffe entsorgte? Möglich auch, dass die ahnungslosen Storcheneltern ihrem Nachwuchs vergifteten Fisch kredenzten.

Sicher ist nur, dass es schwierig werden dürfte, den Gifttod der Küken aufzuklären. Denn auf Futtersuche fliegen Störche bis zu fünf Kilometer weit. Aufschluss erhoffen sich Naturschützer von der Obduktion der toten Küken, die von ihren Eltern inzwischen aus dem Nest geschubst wurden. Ein toter Jungstorch wurde bereits gefunden und am Mittwoch an ein Forschungslabor geschickt.

Die beiden anderen Tierkörper sollen - sofern sie nicht von Katzen aufgefressen wurden und noch gefunden werden - ebenfalls auf Giftstoffe getestet werden. Auch die Anwohner in Vetschau haben die Spur des "Giftmörders" aufgenommen. Von ihnen erhoffen sich die Storchenbetreuer Informationen über mögliche Giftquellen. "Wir wollen den Hinweisen gezielt nachgehen, um Konsequenzen zu ziehen und eventuell sogar Anzeige zu erstatten", sagt Böhmer.

Storchenfans vermag das alles wenig zu trösten. Hunderte von Mails und Einträgen sind seit dem Tod der Küken im Internet verzeichnet. Die Stimmung reicht von tiefer Trauer bis hin zu blanker Wut. "Mir kamen die Tränen, als ich es erfahren habe", schreibt ein Storchenfan. Andere fordern rigide Strafen für Umweltsünder oder verfluchen den Schuldigen.

Eine Mutter weiß nicht, wie sie die schlechte Nachricht ihrer fünfjährigen Tochter beibringen soll: "Jeden Tag nach dem Kindergarten wollte sie nach den Babys sehen." Storchenfans und Umweltschützer trifft der Tod der drei Küken auch deshalb schwer, weil es in diesem Jahr ohnehin nicht gut um die schönen Adebare bestellt ist.

Schlechtes Jahr für Störche

Laut Naturschutzbund fehlen in Deutschland und Osteuropa im Vergleich zum Vorjahr noch bis zu 40 Prozent der Störche - nach Dürreperioden in den afrikanischen Winterquartieren und stürmischem Wetter in Südosteuropa haben viele Tiere auf die strapaziöse Reise in die europäischen Brutgebiete verzichtet.

Die Fans des Vetschauer Storchennests haben nun nur noch eine Hoffnung: Sie wünschen sich, dass Cico und Luna nicht vergeblich auf ihrem vierten und letzten Ei brüten. Obwohl das Küken eigentlich schon am Dienstag hätte schlüpfen müssen, gibt Projektleiter Böhmer vorerst die Hoffnung nicht auf.

"Die Wahrscheinlichkeit, dass es noch zur Schlupf kommt, ist minimal, aber nicht ausgeschlossen." Storchenfan Katharina hat im Internet schon einen passenden Namen für den Babystorch vorgeschlagen: "Hope" - wie die Hoffnung.

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