Süddeutsche Zeitung

Bin Laden: "Operation Geronimo":Todfeind mit dem Namen des Häuptlings

Amerikas Ureinwohner sind empört: "Geronimo" funkten die Soldaten, nachdem sie Osama bin Laden erschossen. Dass der Name ihres größten Häuptlings mit dem größten Feind der USA in Verbindung gebracht wird, sei ein Zeichen von Rassismus.

In den USA ist harsche Kritik laut geworden, dass der Tod von Al-Qaida-Führer Osama bin Laden vom Militär durch den Codenamen "Geronimo" bestätigt wurde. Geronimo war ein Häuptling der Apachen, der Ende des 19. Jahrhunderts mehrere Jahre gegen die Truppen der USA und Mexikos kämpfte, bis er sich 1886 schließlich ergab. Sein Kampf machte ihn zu einem der berühmtesten Indianer Nordamerikas.

Die führende Beraterin des Senatskomitees für indianische Angelegenheiten, Loretta Tuell, erklärte, es sei völlig unangemessen, mit Geronimo, "einen der größten Helden der indianischen Ureinwohner", mit dem meist gehassten Feind der USA in Zusammenhang zu bringen.

Tuell gehört dem Volk der Nez Perce an und wuchs in der Reservation des Stammes in Idaho auf. Auch Steven Newcomb, ein Kolumnist der Wochenzeitung Indian Country Today, kritisierte die "respektlose Verwendung eines Namens, der von vielen amerikanischen Ureinwohnern hoch geachtet wird". Ein afroamerikanischer Präsident im Weißen Haus reiche offenbar nicht aus, um die mehr als 200 Jahre alte Tradition zu überwinden, dass Indianer als Feinde der USA betrachtet würden, schrieb Newcomb.

Nach dem Tod Bin Ladens meldete das Militär an das Weiße Haus: "Geronimo EKIA". "EKIA" steht für "enemy killed in action" (Feind im Kampf getötet). Ein Sprecher des Weißen Hauses verwies Fragen zur Verwendung des Codenamens an das Pentagon. Eine Sprecherin des Verteidigungsministeriums wollte nicht Stellung nehmen.

Die Verwendung des Namens des Apachenhäuptlings als Schlachtruf hat in der US-Armee jedoch Tradition: So riefen amerikanische Fallschirmspringer im Zweiten Weltkrieg den Namen des Indianer-Kriegers, wenn sie sich aus dem Flugzeug in die Tiefe stürzten.

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