Süddeutsche Zeitung

Tödlicher Schluck:Zyanid in der Limonade

Der mysteriöser Gifttod eines BASF-Arbeiters gibt der Polizei Rätsel auf. Vieles deutet auf ein Gewaltverbrechen hin.

Johannes Nitschmann

Bei dem mysteriösen Gifttod eines Chemiearbeiters im westfälischen Minden stehen Polizei und Staatsanwaltschaft vor einem Rätsel. Der 44-Jährige war am Montagabend verstorben, nachdem er während der Spätschicht aus einer Limonadenflasche getrunken hatte.

Die Flasche hatte er bereits vor Tagen in einem Gemeinschafts-Kühlschrank des Pausenraums in dem Mindener BASF-Werk deponiert. Die angebrochene Limoflasche war mit Zyanid versetzt worden. Dies ergaben toxologische Untersuchungen des Leichnams und der Flaschenrückstände in der Münsteraner Gerichtsmedizin.

Von "einem völlig kuriosen Fall" sprach am Donnerstag der ermittelnde Bielefelder Staatsanwalt Christoph Mackel. Vieles deute gegenwärtig auf ein Gewaltverbrechen an dem dreifachen Familienvater hin.

Über Motive und Täter herrsche derzeit jedoch "absolute Unklarheit", sagte Mackel, ein erfahrener Fahnder für Kapitalverbrechen. "Wir ermitteln in alle Richtungen." Für einen Selbstmord des 44-Jährigen gebe es "keinerlei Anhaltspunkte".

Auch ein zufälliges, unbeabsichtigtes Vertauschen der Limoflasche mit einem in dem BASF-Werk verwandten Giftstoff scheide aus. Zugleich wandte sich Staatsanwalt Mackel gegen Spekulationen, wonach der Mord angeblich im Zusammenhang mit einer drohenden Kündigungswelle in dem Mindener Chemiewerk stehen soll.

Inzwischen ist der gesamte Werksbereich der Mindener BASF-Niederlassung nach Getränkeflaschen durchsucht worden. Bei den etwa 200 aufgefundenen Flaschen fanden sich keinerlei Giftspuren. Kontaminiert waren alleine die zwei im Pausenraum aufbewahrten Limoflaschen.

Aus einer davon hatte der 44-jährige den tödlichen Schluck genommen. Als ein Kripokommissar die zweite Limoflasche geöffnet hatte, stiegen ihm giftige Dämpfe entgegen. Der Beamte brach bewusstlos zusammen, ist aber außer Lebensgefahr.

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Quelle:
SZ vom 22. Dezember 2006
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