Tod eines schwarzen Studenten in Texas:"Ich fühle mich nicht beschützt von der Polizei"

Christian Taylor

Christian Taylor hatte ein Football-Stipendium der Angelo State University in Texas.

(Foto: AP)
  • Ein weißer Polizist hat nach einem mutmaßlichen Einbruchsversuch einen schwarzen Studenten erschossen.
  • Der Fall ereignete sich nur zwei Tage vor dem Todestag von Michael Brown, dessen Tod vor einem Jahr in den USA Unruhen und eine Debatte um Rassismus unter Polizisten ausgelöst hatte.
  • Der 19-jährige Christian Taylor hatte auf Twitter geäußert, er fühle sich nicht von der Polizei beschützt.
  • Der Beamte, der die tödlichen Schüsse auf Taylor abgab, hatte erst im März die Polizeiabschlussprüfung abgelegt.

US-Polizist erschießt Schwarzen nach mutmaßlichem Einbruchsversuch

In den USA ist erneut ein unbewaffneter Schwarzer von einem weißen Polizisten erschossen worden. Bei dem Toten handele es sich um einen 19-jährigen Studenten, teilte die Polizei in Arlington im US-Bundesstaat Texas mit.

Der junge Afroamerikaner sei mit einem Auto in das Schaufenster eines Autohändlers gefahren. Nach Eintreffen der Polizei sei es dann zu einer Auseinandersetzung gekommen. Der 19-Jährige habe Aufforderungen der Beamten, sich zu ergeben, nicht Folge geleistet, sagte der Polizeichef von Arlington, Will Johnson. Im anschließenden Handgemenge habe ein Beamter vier Mal geschossen. Wie das gerichtsmedizinische Institut bekannt gab, hatte der Tote Schusswunden am Hals, im Brustkorb und im Bauch.

Der Vorfall ereignete sich demnach am frühen Freitagmorgen (gegen ein Uhr/Ortszeit). Der Tote sei unbewaffnet gewesen, teilte die Polizei weiter mit. Der Vorfall werde untersucht, auch das FBI sei um Hilfe gebeten worden. Der Polizist wurde routinemäßig vom Dienst befreit, bislang aber noch nicht zum Hergang der Ereignisse befragt.

Das Opfer

Bei dem erschossenen Jugendlichen handelt es sich Christian Taylor, Footballspieler und Student an der Angelo State University in San Angelo. Auf einem Überwachungsvideo der fraglichen Nacht ist zu sehen, wie der 19-Jährige vor dem Eingang eines Buick-Geschäfts parkt. Er steigt über die Schranke zum Parkplatz des Autohändlers und scheint zunächst ziellos umher zu laufen. Dann schlägt er mit der Hand gegen das Fahrerfenster eines Autos, springt auf die Motorhaube und reißt etwas vom Fahrzeug ab.

Anschließend geht er zurück zu seinem eigenen Wagen, auf dem Weg dorthin stolpert er. Er durchbricht mit dem Auto die Schranke und nähert sich den Verkaufsgebäuden - wie er in die Schaufensterscheibe fährt, ist dann allerdings nicht mehr zu sehen. Auch vom Handgemenge mit den Polizisten gibt es wohl keine Aufnahmen. Der Polizei von Arlington zufolge trugen die Beamten keine sogenannten body cameras - ein Pilotprogramm werde momentan vorbereitet.

Christian Taylor engagierte sich der New York Times zufolge in der Anti-Rassismus-Bewegung #BlackLivesMatter, die nach dem Tod des schwarzen Jugendlichen Michael Brown entstand. Brown war vor genau einem Jahr von einem weißen Polizisten erschossen worden - auch er war unbewaffnet. Die New York Times zitiert mehrere Tweets, die Taylor abgesetzt haben soll. In einem, aus dem August 2014, schreibt er, er fühle sich nicht beschützt von der Polizei. Und im April dieses Jahres twitterte er: " Ich will nicht zu jung sterben."

Elf Tabletten ohne Rezept

Der Regionalzeitung Star Telegram zufolge war Taylor nur einmal polizeilich auffällig geworden: Demnach hatte die Polizei bei ihm elf Tabletten gefunden, für die er kein Rezept hatte. Bei dem Medikament soll es sich um ein Hustenmittel gehandelt haben, das auch als Entspannungsdroge missbraucht wird. Nach einer sechsmonatigen Bewährungszeit wurde die Anklage fallengelassen.

In der Nacht zu Sonntag versammelten sich auf einem Parkplatz in Arlington etwa 200 Menschen, um des getöteten Jugendlichen zu gedenken. Sie zündeten Kerzen an, ein Pastor ermahnte die Trauernden, Taylors Tod als Aufforderung zu begreifen, Positives zu tun. Auch der Vater und Bruder des Teenagers wandten sich an die Menge: Christian sei nicht perfekt gewesen, aber er habe den rechten Weg gefunden.

Der Polizist

Police handout of officer Brad Miller

Seit September 2014 bei der Polizei: Dieses Foto von Brad Miller veröffentlichte die Polizei Arlington.

(Foto: REUTERS)

Bei dem Beamten, der die tödlichen Schüsse auf Taylor abgab, handelt es sich der Arlingtoner Polizei zufolge um den 49-jährigen Brad Miller. Er war erst seit September 2014 bei der Polizei, legte im März dieses Jahres die Abschlussprüfung ab. Nach Angaben von Polizeichef Johnson hat Miller den Status "trainee" - das heißt, er steht bei Einsätzen unter Aufsicht eines erfahrenen Kollegen.

Der zuständige senior officer habe am fraglichen Abend nicht geschossen. Es sei auch ein Taser gegen Taylor zum Einsatz gekommen - wer diesen verwendet habe, sei noch nicht klar. Johnson kündigte an, dass sowohl der Notruf, der die Beamten an den Tatort rief, als auch der Polizeifunk vom fraglichen Abend veröffentlicht würden. Allerdings erst nachdem Miller und sein Kollege ihre Aussagen gemacht hätten. Das könne eine Woche bis zehn Tage dauern.

Debatte um Polizeigewalt seit Tod von Michael Brown

Nachdem in den vergangenen Monaten wieder unbewaffnete Schwarze von Polizisten erschossen worden waren, ist in den USA eine Debatte um übermäßige Gewaltanwendung im Dienst entbrannt. Es kam auch immer wieder zu Unruhen.

Auslöser waren die tödlichen Polizeischüsse auf den schwarzen Jugendlichen Michael Brown in der US-Kleinstadt Ferguson vor genau einem Jahr. An ihn soll mit einer Reihe von Veranstaltungen gedacht werden. Am Sonntag ist eine Schweigeminute geplant.

Auch im jüngsten Fall formierte sich im Netz eine Solidaritätsbewegung. Unter anderem äußerte sich die Tennisspielerin Serena Williams: "Schlafen wir und das ist ein einziger gigantischer Albtraum?", schrieb sie auf Twitter. "#Christian Taylor - wie viele Hashtags sind es jetzt?"

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