Tiramisu:„Super, das hat mich hochgezogen“

Lesezeit: 2 Min.

Um seine Erfindung streiten sich zwei norditalienische Regionen: das Tiramisù. (Foto: bernjuer/Imago/Panthermedia)

Roberto „Loli“ Linguanotto gilt als Erfinder des Tiramisus. Im Alter von 81 Jahren ist er jetzt gestorben. Doch gibt es überhaupt den einen Schöpfer des italienischsten aller Desserts?

Von Martin Zips

Der Erfolg hat ja immer viele Väter, Mütter ohnehin, und da „Il Tiramisù“ ein sehr großer Erfolg ist, streitet die Welt aktuell mal wieder darüber, wem er eigentlich zu verdanken ist. Anlass ist der Tod von Roberto „Loli“ Linguanotto, von dem es heißt, er habe als Konditormeister des Lokals „Le Beccherie“ in Treviso im Jahr 1972 die bittersüße Kaffee-Creme erfunden. Besser freilich: erneuert, wie etwa der Corriere della Sera schreibt. Denn die Idee einer Biskuit-Schichtung gab es bereits seit Anfang des 19. Jahrhunderts, von Frankreich aus dürfte sie nach Russland gekommen sein, über Österreich-Ungarn nach Italien, und der besondere Gag des 1943 geborenen Linguanotto bestand eigentlich darin, wieder Mascarpone statt – wie zuvor üblich – Zabaglione als Beigabe für Zucker und Eigelb zu verwenden. Tatsächlich ist sein Rezept das erste, welches in einem Kochbuch Erwähnung fand: im Jahr 1983. Seitdem ist die Region Veneto ungeheuer stolz auf ihn und das Lokal, in dem er einst arbeitete.

Das heißt aber nicht, dass es die Idee mit den in Espresso, auch in Likör getauchten Löffelbiskuits nicht schon vorher gegeben hätte. In San Canzian d’Isonzo in der Region Friaul-Julisch Venetien legt man großen Wert darauf, dass man hier bereits 1939 den „Coppa Vetturino“ hatte, von dem ein Gast gesagt haben soll: „Ottimo, c’ha tirato su“ („Super, das hat mich hochgezogen“), was im örtlichen Dialekt als „Tireme su“ ausgesprochen worden sei und als „Tirami Su“ dann spätestens 1969 auf einer Speisekarte genannt wurde, weshalb sich die Nachbarregion Veneto in der Angelegenheit nicht zu wichtig nehmen sollte.

Oder war’s doch Campeols Frau?

Als vor drei Jahren dann in Treviso der einstige „Le Becchiere“-Chef Ado Campeol starb, war es plötzlich er, der international als „Tiramisu-Erfinder“ gefeiert wurde. Auf der Homepage des noch existierenden Lokals allerdings wird aktuell betont, dass es kein Mann, sondern Campeols Frau Alba gewesen sei, die während ihrer Schwangerschaft von ihrer Schwiegermutter allmorgendlich mit einer Kombination aus Zabaglione und Kaffee aufgepäppelt wurde. Alba habe später daraus (und nur mit Linguanottos Hilfe) den berühmten, mit Kakaopulver bestäubten Nachtisch entwickelt, der als „Tiramesù“ auf der Dessertkarte landete.

Aber eigentlich ist es ja auch völlig egal, wer’s genau erfunden hat und ob man es nun mit e oder i oder wie auch immer schreibt: Schmecken tut’s immer noch, zumindest, wenn man’s in einer simplen Bar in Italien und nicht beim Münchner Nobel-Italiener bestellt, der seine Gäste zwar mit riesengroßen Pfeffermühlen beeindruckt, aber von aufgeweichten Löffelbiskuits nun wirklich keine Ahnung hat.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusKamala Harris
:Und dann kocht sie auch noch

Kamala Harris in der Küche – und das in aller Öffentlichkeit. Einem eingestaubten Hausfrauen-Klischee entspricht sie dennoch nicht. Im Gegenteil: Backt sie Plätzchen, ist das ein Zeichen für Stärke.

Von Katharina Erschov

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: