Süddeutsche Zeitung

Tierschutz:Niedersachsen will das Töten männlicher Küken verbieten

  • Bis Ende 2017 will die Landesregierung die geltende Straffreiheit für Brütereien abschaffen. Das sagte Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) der Neuen Osnabrücker Zeitung.
  • Jedes Jahr sterben in Deutschland 50 Millionen männliche Küken, weil sie weder Eier legen noch für die Mast genutzt werden.

Niedersachsen will das massenhafte Töten männlicher Eintagsküken verbieten. "Mit der gesellschaftlich nicht akzeptierten Praxis, männliche Küken von Legehennen zu töten, wollen wir 2017 Schluss machen", sagte Landwirtschaftsminister Christian Meyer (Grüne) der Neuen Osnabrücker Zeitung. Bisher erlaube eine Ausnahmeregelung Brütereien, männliche Küken mit Gas zu töten, wenn sie im Anschluss komplett als Futtermittel verwertet werden. Allein in Niedersachen werden jährlich 27 Millionen Männchen getötet, weil sie weder Eier legen noch schnell genug Fleisch für die Schlachtung ansetzen. In dem Bundesland werden die meisten Eier produziert.

Mit dem Verbot geht Niedersachsen dem Bericht zufolge einen Schritt weiter als die Bundesregierung. Die visiert für 2017 ebenfalls einen Ausstieg aus der Praxis an, will das Töten aber nicht direkt verbieten. Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) gab im vergangenen Jahr bekannt, die Vernichtung männlicher Küken einzudämmen. Hierfür will das Ministerium Forschung fördern, die noch im Ei das Geschlecht des Kükens bestimmen kann. Meyer forderte die Bundesregierung dazu auf, die Betriebe bei der Einführung von Geräten zur Geschlechtsbestimmung zu unterstützen.

Trotz Tierschutzgesetz konnten die Betriebe bisher straffrei töten

Seit 2002 steht der Tierschutz als Staatsziel im Grundgesetz. Dort heißt es, der Staat schütze "in Verantwortung für die künftigen Generationen die natürlichen Lebensgrundlagen und die Tiere". Außerdem bestimmt das Tierschutzgesetz, dass Wirbeltiere nur getötet werden dürfen, wenn es dafür einen vernünftigen Grund gibt. Bei der Vernichtung der Männchen wurde den Brütereien meist ein sogenannter Verbotsirrtum zugebilligt: Wegen vermeintlicher Unwissenheit kamen sie ohne Strafe davon. Deutschlandweit werden so jedes Jahr geschätzt 50 Millionen männliche Küken geschreddert oder vergast - auch in Biobetrieben. Die meisten Experten sehen darin einen Verstoß gegen das Tierschutzgesetz.

Niedersachsen ist nicht das erste Bundesland, das anstrebt, das Töten männlicher Küken zu verbieten. 2013 hatte Nordrhein-Westfalen ein Verbot erreichen wollen - doch ein Verwaltungsgericht erklärte den Erlass der Regierung für ungültig. Vor Kurzem wurde die Debatte erneut befeuert, als die Staatsanwaltschaft Münster zum ersten Mal Anklage gegen eine Brüterei erhob. Die Tierschutzorganisation Peta hatte einen Betrieb 2013 angezeigt. Durch diese Straftanzeige könne sich das Unternehmen nicht mehr auf den Verbotsirrtum berufen, argumentierte die Staatsanwaltschaft und kündigte an, das Verfahren im Zweifel bis vor den Bundesgerichtshof zu tragen.

Ein Huhn für Eierproduktion und Mast könnte die Lösung sein

Um das Problem zu umgehen, propagieren einige Züchter ein sogenanntes Zweinutzungshuhn, das sowohl der Eier- als auch der Fleischproduktion dienen kann. Dies wäre nicht so effizient wie spezialisierte Legehennen oder Masttiere, dafür müssten aber nicht 50 Millionen Küken pro Jahr sterben. Durch die Umstellung der Produktion könnten einzelne Eier nach Schätzungen bis zu vier Cent mehr kosten.

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