Thüringen:Demenzkranke Schwiegermutter getötet - Bewährungsstrafe für 38-Jährigen

Die jahrelange Pflege seiner dementen Schwiegermutter hat einen berufstätigen Familienvater an die Grenzen seiner Belastbarkeit gebracht - er verletzte die pflegebedürftige 59-Jährige tödlich. Das Gericht wertete die Tat als "Augenblicksversagen".

Er verlor die Nerven und trat zu: Nach dem Tod seiner demenzkranken Schwiegermutter ist ein 38-Jähriger für seine Tat zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt worden, außerdem muss er eine Geldauflage von 4.000 Euro zahlen. Das Landgericht Meiningen in Thüringen sprach den dreifachen Familienvater der Körperverletzung mit Todesfolge im minderschweren Fall für schuldig.

Der Mann hatte die 59-jährige Frau im Mai 2011 mehrfach heftig in den Bauch getreten, nachdem diese wiederholt gestürzt war und auf den Boden gepinkelt hatte. Sie starb kurz darauf an ihren inneren Verletzungen im Krankenhaus.

Das Gericht hielt den berufstätigen Mann mit der jahrelangen Pflege seiner Schwiegermutter für überfordert. "Die Frau war schwer pflegebedürftig und hätte in ein Heim gehört", sagte der Vorsitzende Richter. Eine derart aufwendige Pflege, Job und drei Kinder im Haus seien eine extreme Dauerbelastung. So sprach der Richter von einem "Augenblicksversagen" des Angeklagten.

Familie lehnte Einweisung in Heim ab

Die Richter hatten das Geständnis des gelernten Metzgers zum Prozessauftakt als strafmildernd gewertet. Bei seiner polizeilichen Vernehmung hatte er den Tod der Frau noch als Unglücksfall geschildert. Der Verteidiger des Angeklagten hatte erklärt, seinem Mandanten sei am Tattag "die Sicherung rausgeflogen".

Die Pflege der 59-Jährigen habe das Familienleben stark belastet. Die Frau lebte seit März 2007 im Haus ihres Schwiegersohnes im Kreis Hildburghausen. Sie wurde von ihrer Tochter und deren Mann gemeinsam gepflegt, tagsüber wurde die Frau in einer Einrichtung betreut. Trotz der aufwendigen Pflege lehnte die Familie die Einweisung in ein Heim ab. "Wir wollten sie erst dorthin geben, wenn es gar nicht mehr geht", sagte der Angeklagte.

Die pflegebedürftige Frau, der ein Hirntumor entfernt worden war, stürzte häufig, konnte sich schlecht bewegen und musste unter anderem gewindelt werden. Altenpflegerinnen sagten vor Gericht, die Frau habe rund um die Uhr beaufsichtigt werden müssen; die Pflege in der Familie sei daher kaum noch zu stemmen gewesen.

1,4 Millionen Demenzkranke in Deutschland

Nach Angaben der Alzheimer Gesellschaft gibt es bundesweit rund 1,4 Millionen Demenzkranke, von denen zwei Drittel zu Hause von Angehörigen betreut werden.

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