Thailand:Reisen mit Erzählwert

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Willkommen am Strand von Ko Samui. Das Personal vom „White Lotus“: Morgana O'Reilly, Arnas Fedaravicius, Christian Friedel, Dom Hetrakul and Lalisa Manobal (von links). Letztere ist in der Serie nur eine Nebenfigur, als Mitglied der K-Pop-Gruppe „Blackpink“ in Thailand aber so bekannt wie andernorts Beyoncé. (Foto: Fabio Lovino/HBO/AP)

Serien wie „The White Lotus“ sind nicht nur ein Geschäft für Sender und Streaming-Plattformen. Nach den Dreharbeiten der dritten Staffel setzen Fluggesellschaften zusätzliche Flüge nach Thailand ein.

Von David Pfeifer, Bangkok

Um den Erfolg von „The White Lotus“ ermessen zu können, muss man nicht die Folgen der Fernsehserie betrachten, sondern vielmehr die Folgen, die es in Thailand nach sich zieht, dass die dritte Staffel dort gedreht wurde: Buchungsplattformen meldeten laut BBC einen sofortigen Anstieg der Suchanfragen, Fluggesellschaften nahmen zusätzliche Flüge nach Phuket auf. Hotels.com meldete einen 40-prozentigen Anstieg des Buchungsinteresses für das Four Seasons Resort auf der Insel Koh Samui, einem der Drehorte.

Das Phänomen ist bereits als „White Lotus“-Effekt bekannt, so war es auch schon auf Hawaii, wo die erste Staffel spielte, und auf Sizilien, dem Handlungsort der zweiten. Dabei geht es in „The White Lotus“ um Mord und die Marotten von Superreichen, die nicht ausschließlich Sympathieträger sind. Die dritte Staffel ist außerdem eher mau geraten. Andererseits ist die Serie eines der wenigen Formate, die auch im Streaming-Zeitalter einen Hype auslösen.

Hotels profitieren von einem „Erzählwert“

In Thailand auf jeden Fall wird bei H&M eine eigene „White Lotus“-Kollektion angeboten, Restaurants in Bangkok, in denen die Darsteller während der Dreharbeiten eingekehrt sind, locken Gäste mit dem Hauch der Prominenz. In der vergangenen Woche sprach auch Michael Henssler, der deutsche Geschäftsführer der größten thailändischen Hotelgruppe Centara, bei der Bilanzpressekonferenz vom „White Lotus“-Effekt, „vor allem in der Luxusklasse, über 500 Euro pro Nacht“. Die Zahlen zeigen steil nach oben, auch weil der neue Teil von „Jurassic World“ in der Region Krabi gedreht wurde.

Mit „Home away from Home“ könne man heute niemanden mehr locken, „es muss schon einen Erzählwert haben, wenn man sich ein teures Hotel leistet“. Manche Kunden würden nur eine Nacht in einem edlen Hotel buchen, um dort Fotos zu machen und diese zu posten. Das ist bares Geld wert, in einer Zeit, in der Hotelketten bis zu 50 Prozent ihres Marketing-Budgets für Social Media und SEO, die sogenannte Suchmaschinenoptimierung, ausgeben.

Thailand hat Erfahrung mit der Sogkraft von Drehorten, nach dem Erfolg von „The Beach“ mit Leonardo DiCaprio im Jahr 2000 wurde die Maya Bay bei Koh Phi Phi von Touristen derartig überrannt, dass man den Strand schließlich sperren musste. Nun hat die thailändische Regierung den Dreh von „The White Lotus“ unter anderem durch Rabatte ins Land geholt, mit denen die Kosten für das Projekt in Millionenhöhe gesenkt werden konnten. Das Nachsehen hatte Japan, wo die Location-Scouts der Serie bereits einige attraktive Drehorte gefunden hatten.

Thailands Regierungschefin warb persönlich in Hollywood

Im Dezember berichtete die Los Angeles Times von einem Besuch der thailändischen Premierministerin Paetongtarn Shinawatra in Hollywood, wo sie sich mit Produzenten traf, und Finanzierungserleichterungen für ausländische Filmemacher ankündigte. Da die USA ein teures Pflaster für Produktionen geworden sind und die Streiks der Gewerkschaften die Branche immer wieder hart treffen, werden Auslandsdrehs für die Studios interessanter. Kanada, Australien und Großbritannien profitieren seit Jahren von dieser Entwicklung. Länder wie Indien, Indonesien, Jordanien und Marokko haben mit Zuschüssen und Steuernachlässen nachgezogen. All diese Länder sind außerdem unbedingt eine Reise wert.

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