Texas:Psychisch krankem Mann droht Hinrichtung

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Scott Panetti hat seine Schwiegereltern umgebracht. Vor Gericht erschien er in Cowboykostüm und wollte Jesus als Zeugen. Nun soll der psychisch kranke Mann in Texas hingerichtet werden.

Von Anna Fischhaber

Dass Scott Panetti - schwer bewaffnet, den Kopf kahl rasiert und im Kampfanzug - vor 20 Jahren seine Schwiegereltern erschossen hat, bezweifelt wohl niemand. Panetti gab 1995 vor Gericht zu, dass er Joe und Amanda Alvarado getötet habe. Sein Auftritt allerdings war ziemlich seltsam: Er kam im Cowboy-Kostüm und verteidigte sich selbst. Als er den Tatort verlassen habe, sei er von Dämonen ausgelacht worden, erklärte er. Zuschauer sollen erzählt haben, er habe die Jury mit einer unsichtbaren Waffe eingeschüchtert.

"Es war ein schreckliches Schauspiel", erinnert sich seine Schwester Vicky Panetti, die inzwischen in der Schweiz lebt, in der Basellandschaftlichen Zeitung. "Er glaubte, dass Satan ihn töten wolle. Wir saßen da und konnten nichts tun." Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zitiert einen Juristen, der in dem Verfahren als Ersatzanwalt fungierte und zu einem ähnlichen Ergebnis kommt: "Ich habe Abschriften von über 200 Vorladungen, die er eingereicht hat. Scott wollte Jesus Christus, John F. Kennedy, Schauspieler und Schauspielerinnen und Tote als Zeugen vorladen".

Die Geschworenen verurteilten Scott Panetti dennoch wegen Doppelmordes zum Tode, an diesem Mittwoch soll er im Staatsgefängnis von Texas die Giftspritze bekommen. Dabei gehört er - zumindest nach deutschem Rechtsverständnis - in eine psychiatrische Klinik. Denn Panetti leidet seit vielen Jahren an einer schweren psychischen Erkrankung.

Mehr als zwölf Mal in stationärer Behandlung

Die Erkrankung ist gut dokumentiert. Er sei zwischen 1981 und der Tat 1992 mehr als zwölf Mal in stationärer Behandlung gewesen, berichtet Amnesty. Der Mann leide unter anderem an Schizophrenie. Bereits 1994 habe ein von der Verteidigung vorgeladener Psychiater erklärt, Panetti sei nicht verhandlungsfähig. Der von der Staatsanwaltschaft bestellte Gutachter sah das anders, die Geschworenen schlossen sich schließlich an.

Bereits vor einigen Jahren sollte Scott Panetti hingerichtet werden, doch der Oberste Gerichtshof stoppte kurz vorher die Exekution - das zuständige Gericht habe ein Urteil von 1986 fehlerhaft ausgelegt. Dem Urteil zufolge ist die Hinrichtung eines geistig kranken Menschen in den USA nur erlaubt, wenn dieser den Zusammenhang zwischen seiner Tat und dem Todesurteil versteht. Sein Fall wurde zurückverwiesen und Panetti erneut untersucht. 2008 entschied ein Gericht schließlich, er könne hingerichtet werden.

Genau das jedoch bezweifeln die Verteidiger. Sie haben ein Gnadengesuch eingereicht, damit er der Todesstrafe entgeht. Der 56-Jährige könne nicht verstehen, warum er umgebracht werden soll, sagte Kathryn Kase NBCnews. Die Anwälte wollen nun zumindest die Verschiebung der Hinrichtung um 30 Tage erwirken, um den Mann weiteren psychologischen Tests zu unterziehen. Sieben Jahre nach seiner letzen Untersuchung zeige Panetti zunehmend ein abnormales und wahnhaftes Verhalten.

75 000 Menschen unterzeichnen Petition

Der Mann höre nach eigenen Angaben Stimmen und sei überzeugt, dass ihm ein Abhörgerät in den Zahn eingepflanzt worden sei. Außerdem glaube er, dass man ihn nur deshalb hinrichten will, damit er nicht länger "das Evangelium predigt", berichtet Amnesty. Die Staatsanwälte argumentieren, Panettis Behauptungen hätten keinen Wert und dass seine Anwälte Jahre lang Zeit gehabt hätten, neue Untersuchungen zu veranlassen. Von Gericht bestellte Gutachter hätten schon länger den Verdacht, dass einige der bizarren Verhaltensweisen gespielt seien.

Der Begnadigungsausschuss in Texas lehnte am Montag eine Umwandlung des Todesurteils in lebenslange Haft ab; das zuständige texanische Berufungsgericht wandte sich am Dienstag zudem gegen einen Exekutionsaufschub. Jetzt konzentrieren sich die Hoffnungen auf Texas Gouverneur Rick Perry.

Der Fall hat viel Aufsehen erregt: Die Hinrichtung psychisch Kranker und geistig Behinderter gilt völkerrechtlich als tabu. In mehreren Resolutionen hat die UN-Menschenrechtskommission diese Praxis verurteilt. Im Fall von Panetti haben fast 100.000 Menschen eine Petition unterzeichnet, damit der republikanischr Gouverneur Perry das Todesurteil in eine lebenslange Haftstrafe umwandelt - unter ihnen auch der frühere Präsidentschaftskandidat Ron Paul. Auch Panettis Exfrau soll eine Petition unterschrieben haben.

Doch Panetti wäre nicht der erste psychisch Kranke, der in den USA hingerichtet wird. Im April bekam in Texas der Mexikaner Ramiro Hernandez-Llanas die Giftspritze. Auch er galt als geistig verwirrt.

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