Texas: Blutbad von Fort Hood:Verloren zwischen den Welten

Lesezeit: 5 min

Auf dem US-Militärstützpunkt hat Amokläufer Hasan 13 Menschen getötet. Sein Psychogramm lässt viele fragen, warum niemand die Signale der Überforderung beachtet hat.

Reymer Klüver

Unter seinem Namen wurden auf einer Islamisten-Website im Internet Selbstmordattentäter verherrlicht, und das FBI hat ermittelt. Er trug offenkundig mit Stolz die Uniform seines Landes und war doch gegen die Kriege Amerikas im Irak. Als Psychiater sollte er traumatisierte Opfer dieser Kriege behandeln, aber seine Kollegen schickten Patienten nicht gern zu ihm.

Texas: Blutbad von Fort Hood: Das Militärlager von Fort Hood steht seit der Tat unter Schock. Soldaten versuchen, sich gegenseitig zu trösten und Hilfe zu geben.

Das Militärlager von Fort Hood steht seit der Tat unter Schock. Soldaten versuchen, sich gegenseitig zu trösten und Hilfe zu geben.

(Foto: Foto: AFP)

Ein praktizierender Muslim war er, seinem Arbeitgeber, der US-Armee, hat er davon allerdings nie etwas gesagt. Und er war ein Einzelgänger, oft schroff im Umgang und ohne Freunde und vergeblich auf der Suche nach einer Frau.

Noch fügen sich die einzelnen Teile nicht zu einem vollständigen Puzzle zusammen. Zu viele Leerstellen gibt es, die offen lassen, was Major Nidal Malik Hasan am Ende zum Massenmörder hat werden lassen. Doch das Bild eines innerlich zerrissenen Mannes zeichnet sich ab, der anderen helfen sollte und offenkundig selbst Hilfe hätte gebrauchen können.

Und am Morgen nach der Bluttat werden erste Fragen laut, ob nicht eindeutige Warnzeichen übersehen wurden. Ob nicht seine Kollegen und Vorgesetzten, ob nicht die Ermittler beim FBI hätten erkennen müssen, was sich da im Kopf eines einsamen Mannes zusammenbraute.

Am Donnerstagmittag amerikanischer Zeit war der 39-jährige Hasan in seiner Offiziersuniform mit zwei Pistolen bewaffnet in eine medizinische Aufnahmestation in Fort Hood gestürmt, einer gewaltigen Armeegarnison in Texas. Rückkehrer aus dem Irak und aus Afghanistan wurden dort gerade registriert und auch diejenigen, die bald ausrücken sollten in den Krieg. 43 Menschen streckte Hasan nieder, 13 von ihnen starben, ehe er selbst, von Kugeln getroffen, zusammensackte. Offenbar ist er nicht lebensgefährlich verletzt, verweigert aber jede Aussage.

Im Video: Bei einer Schießerei auf dem US-Armeestützpunkt Fort Hood sind zwölf Menschen getötet und 31 verletzt worden.

Weitere Videos finden Sie hier

Am alarmierendsten dürfte ohne Zweifel ein Eintrag auf der radikalen Website Scribd unter Hasans Namen sein. Darin werden Selbstmordattentäter todesmutigen Soldaten gleichgesetzt, die sich auf Handgranaten werfen. So wie der Soldat Kameraden schütze, rette ein Selbstmordattentäter andere Muslime: "Wenn ein Selbstmordattentäter hundert feindliche Soldaten töten kann, muss das als ein strategischer Sieg betrachtet werden."

Dem FBI war der Eintrag vor etwa einem halben Jahr aufgefallen. Ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen den Major wurde aber nie eingeleitet. Noch am Donnerstag beeilten sich FBI-Ermittler indes, das Versäumnis nachzuholen. Sie erwirkten Durchsuchungsbefehle, um Hasans Computer auswerten zu können. So wollen sie sich Klarheit darüber verschaffen, ob Hasan die Kommentare selbst auf die Website gestellt hat oder nur sein Name benutzt wurde. Auch seine ehemaligen Nachbarn in Kensington, einem Washingtoner Vorort, haben FBI-Agenten noch am Donnerstag als Zeugen verhört.

Tatsächlich hat der Major keinen Hehl daraus gemacht, dass er gegen die Kriege der US-Armee in den muslimischen Ländern Irak und Afghanistan ist. "Wir hätten da nie hingehen sollen", habe ihm Hasan klipp und klar erklärt, sagte ein früherer Kollege, ein Oberst namens Tommy Lee, dem Kabelsender Fox News. "Die Muslime sollten sich wehren und den Aggressor bekämpfen", sei das Credo seines Kollegen gewesen. Hasan habe gehofft, dass Präsident Barack Obama sofort die US-Truppen von beiden Kriegsschauplätzen abziehen würde. "Als sich jedoch die Dinge nicht so entwickelten, regte er sich immer mehr auf."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema