Süddeutsche Zeitung

Tests von Fertiggerichten:Pferdefleisch in fünf Prozent der Proben

Jedes 20. Rindfleisch-Fertiggericht enthält Pferdefleisch. Dies ist das Ergebnis europaweiter Tests von mehr als 7000 verschiedenen Proben. EU-Gesundheitskommissar Borg spricht von Lebensmittelbetrug - eine Gefahr für die Gesundheit der Verbraucher sieht er aber nicht.

In fast jeder 20. Probe von Fertiggerichten, die Rindfleisch enthalten, entdeckten von der EU-Kommission in Auftrag gegebene Tests Pferdefleisch. Dies gab EU-Gesundheitskommissar Tonio Borg in Brüssel bekannt. Sorgen um ihre Gesundheit müssen sich die Verbraucher aber nicht machen: lediglich in 0,5 Prozent der Gerichte, die Pferdefleisch enthielten, konnten Rückstände eines für Menschen gefährlichen Medikaments nachgewiesen werden. "Man müsste über Monate hunderte Pferdeburger essen, um Probleme zu bekommen", sagte ein Sprecher Borgs.

Die insgesamt fast 7300 Tests in den EU-Mitgliedstaaten waren eine Reaktion auf den europaweiten Skandal um nicht-deklariertes Pferdefleisch in Fertigprodukten, die eigentlich nur Rindfleisch enthalten sollten. In 4,6 Prozent aller getesteten Fertigprodukte wie Lasagne, Hamburger oder Gulaschsuppen wurde demnach Pferdefleisch gefunden - aus Sicht von Borg "relativ wenig".

Pferdefleisch ist an sich nicht ungesund. Im Zuge des Skandals war es aber zu Befürchtungen gekommen, dass auch explizit nicht zum Verzehr gedachte Tiere verarbeitet wurden. Die EU-Staaten testeten daher das untergemischte Pferdefleisch auch auf Rückstände des entzündungshemmenden Mittels Phenylbutazon. Das Medikament ist für Tiere, die später auf dem Teller landen sollen, nicht zugelassen, da es Krebs oder krankhafte Änderungen des Blutes hervorrufen kann.

Die Vorfälle hatten das Vertrauen in Fertigprodukte erschüttert, zahlreiche Supermärkte und auch das Möbelhaus Ikea räumten zumindest vorübergehend Produkte aus den Regalen. Erst in der vergangenen Woche wurden in den Niederlanden 50.000 Tonnen Fleisch aus dem Verkehr gezogen. Zudem lösten die Pferdefleischfunde eine Diskussion über Konsequenzen für die Kontroll- und Kennzeichnungspflicht bei der Lebensmittelherstellung aus, damit Verbraucher auch das bekommen, was sie beim Einkauf erwarten. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte die Einrichtung einer europäischen Lebensmittelpolizei.

Borg kündigte an, "neue Maßnahmen" zu fordern, darunter schärfere Geldstrafen für Betrug bei der Kennzeichnung von Fleisch: "In den kommenden Monaten wird die Kommission, ausgehend von den Lehren aus diesem Skandal, eine Verschärfung der Kontrollen entlang der gesamten Lebensmittelkette vorschlagen."

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