Terrorismus:Entführung der "Landshut" - Fünf Tage Todesangst

Als am 13. Oktober 1977 die Meldung kommt, die Lufthansa-Maschine "Landshut" sei vom Kurs abgewichen, weiß die Regierung in Bonn sofort, was das bedeutet. Es folgt ein Irrflug durch den Nahen Osten - und eine beispiellose Befreiungsaktion.

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Landshut Entführung 1977

Quelle: dpa

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Es ist 14.38 Uhr am 13. Oktober 1977, als die Bundesregierung von der Flugsicherung im französischen Aix-en-Provence eine beunruhigende Meldung erhält. Eine Lufthansa-Boeing auf dem Weg von Palma de Mallorca sei vom Kurs abgewichen. In Bonn ahnen die Verantwortlichen sofort, was das bedeutet. Schon seit Wochen rechnet die Regierung mit einer Entführung oder Geiselnahme, mittels deren die Rote Armee Fraktion ihre in Stuttgart-Stammheim einsitzenden Gefangenen zu befreien versucht. Wenige Wochen zuvor ist - mit demselben Ziel - in Köln Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer entführt worden. "Big Raushole", so heißen im RAF-Jargon jene Aktionen, die den Höhepunkt des Linksterrorismus markieren und die Bundesrepublik an den Rand einer Staatskrise führen. Doch anders als die Terroristen es erwarten, lässt sich die Bundesregierung nicht auf einen schnellen Gefangenenaustausch ein und versucht Zeit zu gewinnen.

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Quelle: Harry Koundakjian/AP

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Deshalb will die RAF den Druck erhöhen. Wie sich später herausstellt, fliegen kurz nach der Schleyer-Entführung mehrere ihrer Führungsmitglieder nach Bagdad und "bestellen" dort beim mächtigen Wadi Haddad, dem Chef der "Volksfront zur Befreiung Palästinas", eine Gewaltaktion. Entweder eine Geiselnahme in der deutschen Botschaft in Kuwait oder eine Flugzeugentführung, das bietet Wadi Haddad an. Die RAF-Leute entscheiden sich für die Flugzeugentführung. Es ist das erste Mal, dass unbeteiligte Zivilisten zum direkten Ziel werden. Bis dahin richtete sich der Hass der RAF in erster Linie gegen Politiker und Wirtschaftsfunktionäre.

Fünf Tage lang fliegt die Landshut nach dem 13. Oktober quer durch Südeuropa und den Nahen Osten. Über Rom und das zyprische Larnaka geht es zunächst nach Dubai, dann über das jeministische Aden weiter in die somalische Hauptstadt Mogadischu - an Bord 86 Passagiere und fünf Besatzungsmitglieder, die immer mehr in Todesangst geraten.

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Quelle: AP

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Das palästinensische Terrorkommando, das die Landshut entführt, besteht aus zwei Frauen und zwei Männern. Im Bild sieht man einen der Entführer an der Bordtür, als er eine Zigarette raucht. Anführer der Gruppe ist der erst 23-jährige Zohair Youssif Akache, der sich "Captain Mahmud" nennen lässt. Bei der Zwischenlandung in Aden erschießt er Jürgen Schumann, den Piloten der Maschine.

Lufthansajet 'Landshut'

Quelle: dpa

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Nach fünf Tagen befreit die GSG9, eine Eliteeinheit des Bundesgrenzschutzes, die Geiseln. "Köpfe runter, wo sind die Schweine?", das sind die ersten Worte, die die Passagiere hören, als die Spezialkräfte über Leitern in das Flugzeug eindringen. Wie sich später herausstellt, hat die Bundesregierung der somalischen Regierung Geld gezahlt, um die Erlaubnis für diese Aktion zu erhalten.

Mogadischu-Geiseln in Frankfurt/Main

Quelle: dpa

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Dieses Bild zeigt, wie die Geiseln nach der Befreiung mit einer anderen Lufthansa-Maschine in Frankfurt landen.

Helmut Schmidt und Gaby Dillmann, 1977

Quelle: AP

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"Wie viele Tote haben wir?", das soll die erste Frage des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt an seinen Staatssekretär Hans-Jürgen Wieschnewski kurz nach der Geiselbefreiung gewesen sein. "Keinen", antwortete Wieschnewski, der wegen seiner guten Kontakte in der arabischen Welt nach Mogadischu gereist war und mit der dortigen Regierung verhandelt hatte. Für den Fall, dass die Erstürmung der Landshut gescheitert wäre, hatte Schmidt, der hier mit der Stewardess Gabriele Dillmann zu sehen ist, schon sein Rücktrittsgesuch vorbereitet.

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Quelle: AFP

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Die Landshut, eine als sehr robust geltende Boeing 737, wurde nach der Entführung nicht etwa ausgemustert, sondern flog noch jahrelang im Liniendienst der Lufthansa. Erst 1985 wurde sie verkauft. Fortan wechselte sie in rascher Folge die Besitzer und war in unterschiedlichen Ländern als Fracht- und Passagiermaschine im Einsatz. 2008 wurde sie wegen eines Triebwerksschadenes entgültig stillgelegt und stand seitdem in der Nähe eines Flugplatzes im brasilianischen Fortaleza. Erst in diesem Jahr entschied sich die Bundesregierung, die Landshut nach Deutschland zurückzuholen. Auf diesem Bild sind Mitarbeiter der Lufthansa Technik zu sehen, die die Zerlegung und den Transport der Maschine koordinierten.

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Quelle: KARL-JOSEF HILDENBRAND/AFP

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MIt einer russischen Antonow-Transportmaschine wurden Rumpf und Flügel der Landshut nach Deutschland gebracht. In einer weiteren Maschinen folgten die Sitze und das restliche Interieur. Beide Maschinen landeten Ende September auf dem Bodensee-Airport in Friedrichshafen. Im dortigen Dornier-Museum soll die Maschine für die Nachwelt ausgestellt werden.

'Landshut' zurück in Deutschland

Quelle: dpa

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Dafür muss das Flugzeug allerdings aufwändig restauriert werden. Weil sie mehr als zehn Jahre im Freien vor sich hin rottete, ist die Landshut in einem schlechten Zustand.

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Quelle: AFP

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Auf diesem Bild sind drei Insassen des Entführungsfluges von 1977 zu sehen. Rechts die Stewardess Gabriele von Lutzau (damals Dillmann), die für ihr couragiertes Verhalten während jener Tage später das Bundesverdientskreuz erhielt. In der Mitte die Passagierin Diana Müll, die damals vom Chef der Entführer beinahe erschossen worden wäre. Und links Jürgen Vietor, der damalige Co-Pilot, der zwei Monate nach der Entführung wieder zum Dienst erschien - und, aus heutiger Sicht unglaublich, seinen ersten Flug ausgerechnet in der Landshut absolvieren musste.

© SZ.de/olkl/vbol
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