Terrorismus - Frankfurt am Main:Beratungsstelle fordert gezieltere Hilfen für Hanauer Opfer

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Gedenktafel mit den Fotos der neun Opfer erinnert am Anschlagsort in Hanau-Kesselstadt an die Opfer. Foto: Boris Roessler/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Frankfurt/Main (dpa/lhe) - Die Bildungsstätte Anne Frank und die Beratungsstelle response haben vor dem ersten Jahrestag des Anschlags von Hanau gezieltere Hilfen für die Betroffenen und eine entschlossene Aufarbeitung gefordert. "Direkt nach dem Anschlag haben Politik und Gesellschaft den Opfern von Hanau ihre Anteilnahme und Solidarität versichert und schnelle Hilfe versprochen. Ein Jahr später aber stehen viele Betroffene vor den Scherben ihrer Existenz.", sagte Liisa Pärssinen, Leiterin der hessischen Beratungsstelle response für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt. "Den Angehörigen der Opfer wird kaum zugehört und sie müssen sich Hilfe selbst hart erkämpfen."

Zwar hätten insbesondere die Stadt Hanau und zivilgesellschaftliche Gruppen viel für die Betroffenen getan, auch Härteleistungen des Bundes für Opfer extremistischer Anschläge habe es gegeben. Die finanziellen Hilfen reichten aber nicht aus, betont Pärssinen. "Viele der Betroffenen sind durch die Folgen des Anschlags vorübergehend oder dauerhaft erwerbsunfähig. Manche müssen das weggefallene Einkommen eines ermordeten Familienmitglieds ausgleichen."

Insbesondere das Land Hessen habe bislang zu wenig konkrete Unterstützung geleistet, bemängelt Pärssinen. Der geplante hessische Opferfonds für alle Opfer von Gewalttaten könne mit einer Ausstattung mit zwei Millionen Euro keine langfristige finanzielle Entlastung für die Betroffenen bringen und verkenne die politische Dimension des Anschlags. "In keinem Bundesland gab es in den vergangenen zwei Jahren so viele Tote durch rechte Gewalt wie in Hessen", sagte Pärssinen. "Wir fordern einen Opferfonds für Betroffene rechter Gewalt, so wie andere Bundesländer ihn bereits realisiert haben."

Nur der hartnäckigen Thematisierung durch Überlebende und Angehörige der Ermordeten sei es zu verdanken, dass fatale Versäumnisse, wie der nicht erreichbare Polizeinotruf in der Tatnacht, der versperrte Notausgang eines Tatorts oder der ungehinderte Zugang des Täters zu den Mordwaffen öffentlich geworden seien, sagte Meron Mendel, der Direktor der Bildungsstätte Anne Frank. "Die Schilderungen der Überlebenden und Hinterbliebenen deuten darauf hin, dass zumindest einige der Morde hätten verhindert werden können."

© dpa-infocom, dpa:210215-99-453097/2

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