Teneriffa:Jugendamt holt Mädchen aus Höhle

Wochenlang lebten sie in einer Höhle auf Teneriffa, die Mutter kümmerte sich kaum um sie. Die deutschen Schwestern wurden nun von spanischen Behörden in Obhut genommen.

Von Thomas Urban, Madrid

Überwintern im ewigen Frühling - Langzeiturlauber auf Teneriffa

Die Insel Teneriffa, auf der sich die Höhle befand.

(Foto: dpa-tmn)

Zwei deutsche Mädchen, zehn und sieben Jahre alt, haben wochenlang mit einem Bekannten ihrer Mutter in einer Höhle auf der Ferieninsel Teneriffa gelebt, bevor die spanischen Behörden sie nun in Obhut nahmen. Die beiden Höhlenkinder seien bei guter Gesundheit und kaum verwahrlost, heißt es unter Berufung auf die Polizei in den Lokalmedien. Der Bekannte der Mutter, der ebenfalls Deutscher ist, habe sie häufig zur Schule gebracht. Doch sei das spanische Jugendamt eingeschritten, weil sich die Mutter kaum um ihre beiden Töchter gekümmert habe. Sie habe sich selbst bei einer Befragung als ungeeignet für die Kindererziehung bezeichnet und sei nicht in der Lage, ihre Töchter zu versorgen. Überdies seien die Lebensbedingungen in der Höhle ohne sanitäre Einrichtungen und ohne fließendes Wasser nicht für Kinder geeignet.

Viele der Höhlen auf der Kanareninsel sind seit Menschengedenken bewohnt, beginnend mit der Steinzeit. An manchen Abschnitten der Küste sind in mühsamer Steinhauerei die Höhlen zu veritablen Wohnungen vergrößert worden, manche Familien wohnen seit Generationen darin. Daneben leben nach Angaben der Hilfsorganisation Asinted Canarias rund 300 Menschen auf Teneriffa in einfachen Höhlen ohne Komfort.

Manche bevorzugen Höhlen statt Sammelunterkünfte des Sozialamtes

Viele von ihnen sind Aussteiger aus Nord- und Mitteleuropa, einige Alt-Hippies sind darunter. Andere aber haben in der Wirtschaftskrise den Job und das Dach über dem Kopf verloren; sie ziehen das Leben als Höhlenmenschen in Strandnähe den Sammelunterkünften der Sozialämter auf dem Festland vor. Im Sommer wird dies wegen der Kühle als angenehm empfunden, im Winter aber ist es dort kalt, feucht und zugig. Sozialarbeiter und Freiwillige der Hilfsorganisationen geben den Höhlenbewohnern warme Kleidung, Wolldecken und Schlafsäcke aus.

Die Behörden auf Teneriffa sind in den vergangenen Jahren wiederholt gegen die wilde Besiedlung von Höhlen vorgegangen. Um sie herum sind nämlich immer wieder kleine Hüttensiedlungen entstanden, die nach Einschätzung der Lokalpresse oft wie Slums aussehen. So wurden vor sieben Jahren an der Costa El Sauzal an der Nordspitze der Insel mehrere Dutzend Hütten abgerissen, die benachbarten Höhlen mussten geräumt werden. Das Gebiet wurde mittlerweile unter Naturschutz gestellt.

Die beiden Mädchen und ihre Mutter hatten zunächst in einer Hütte am Strand gelebt, in der Höhle waren sie erst seit mehreren Wochen. Das Lokalfernsehen zeigte Kinderzeichnungen, die an die Betonblöcke an der Rückwand der spartanisch eingerichteten Höhle geklebt waren. Da die Mutter mittellos ist, wurden die Mädchen vorläufig unter Aufsicht des Jugendamtes in einem Kinderheim untergebracht. Über das deutsche Konsulat wurde mittlerweile Kontakt zu den Großeltern der beiden Mädchen in die Bundesrepublik aufgenommen; möglicherweise wird ihnen das Sorgerecht übertragen.

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