Um 15 Uhr tritt in Rom Erzbischof Zollitsch vor die Presse, nahe des Petersdoms steht er auf den Stufen des Gästehauses Mater Dei der deutschen Bischöfe. Er sei dankbar für das Gespräch beim Papst, sagt der Vorsitzende der Bischofskonferenz. Sonst aber sagt er im Grunde nichts. Ja, unter anderem habe er auch über die Situation im Bistum Limburg geredet.
"Zu den weiteren Inhalten meines mitbrüderlichen Gesprächs, das mich gestärkt und ermutigt hat, möchte ich keine Erklärung abgeben, da dieses Gespräch einen vertraulichen Charakter hatte", fügt Zollitsch hinzu. Morgen werde die von ihm eingesetzte Prüfungskommission ihre Arbeit beginnen, wann sie ende, sei ungewiss. Alle aber seien an einer guten und baldigen Lösung interessiert. Schon ist er wieder im Haus verschwunden.
Der Papst zögert
Kurz: Es gibt noch keine Entscheidung von Papst Franziskus über den Limburger Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst, dem Lüge und Verschwendung vorgeworfen werden. Frühestens, so heißt es, werde der Papst an diesem Freitag um zwölf Uhr etwas sagen - wahrscheinlich erscheint dies aber nicht. Der Papst gilt nicht als Freund von Ad-hoc-Entscheidungen, es steht noch ein Gespräch mit Kardinal Marc Ouellet an, dem Präfekten der Bischofskongregation.
Es gibt auch keinen Hinweis darauf, dass er mit dem Bischof von Limburg gesprochen hat, der ebenfalls seit Sonntag in Rom ist und von dem es heißt, er wolle auf keinen Fall von sich aus den Papst um einen Rücktritt bitten. Die Angelegenheit kann sich also noch hinziehen, quälend in die kommende Woche hinein.
Im Bistum Limburg zeigt sich derweil: Es hat nicht einfach ein einzelner Bischof das Geld des Bischöflichen Stuhls verbraten. Es gab Antreiber - und Kontrolleure, die versagten. Im Mittelpunkt steht dabei der ehemalige Generalvikar des Bischofs, Franz Josef Kaspar, bis vor Kurzem oberster Verwalter des Bistums. Kaspar, 75, ist ein schillernder Geistlicher. Zu seinen Ahnen gehört auch die selige Maria Katharina Kasper, die Gründerin der "Armen Dienstmägde Jesu Christi", die viele Niederlassungen in Indien hat. So etwas hilft beim Aufstieg.
"Der größte Kunsthändler Limburgs"
Drei Jahrzehnte lang war Kaspar Direktor des Sankt Vincenzstifts Aulhausen, einer Behinderteneinrichtung - 2010 gab es Vorwürfe gegen ihn, er habe die Aufklärung über sexuelle Gewalt im Stift behindert. Fast 24 Jahre war er auch Vertreter der hessischen Bistümer bei der Landesregierung. Ämter, in denen es um Geld und Macht geht und man wichtige Menschen kennen lernt - zum Beispiel Jochen Riebel, den Leiter der hessischen Staatskanzlei.
Kaspar gilt als tatkräftig, es fallen über ihn aber auch Wörter wie "undurchsichtig" und "prunksüchtig". Spaßvögel haben ihn schon "den größten Kunsthändler Limburgs" genannt. In seiner Wohnung soll es viele Bilder und Statuen geben, schon immer soll Kaspar viel geflogen sein, sah er sich doch den Niederlassungen der seligen Katharina Kasper in Indien verpflichtet. Als Tebartz-van Elst ihn 2008 zum Generalvikar machte, hatten sich offenbar zwei Geistesverwandte gefunden. Es war kein Zufall, dass der Generalvikar gemeinsam mit dem Bischof im Februar 2012 nach Indien flog, und dass es seine Bonusmeilen waren, mit deren Hilfe die beiden von der Business- auf die Erste Klasse umbuchten.
Vor allem aber gilt Kaspar als treibende Kraft hinter dem Bau des Bischofshauses. Er soll den Bischof in seinem Wunsch nach Gediegenheit und Geheimhaltung bestärkt haben; nach der Entmachtung des Domkapitels kam sein Vertrauter Riebel in den Vermögensverwaltungsrat. Das Protokoll, dem zufolge der Papstbotschafter in Berlin darüber informiert wurde, dass die Kosten des Bauvorhabens gestückelt werden sollten, trägt Kaspars Unterschrift.
Aber auch andere Protokolle des Vermögensverwaltungsrats, die ausgerechnet die konservativ-katholische Plattform kath.net ins Internet gestellt hat, zeigen ihn als wichtigsten Akteur des Systems: "Der Generalvikar informiert, dass (. . .) die Aufstellung eines Haushaltsplanes für das Jahre 2012 zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht möglich sei". Im Juli 2011, ist davon die Rede, dass man "mit Gesamtinvestitionen von 17.000.000,00 Euro" rechne - da redete das Bistum offiziell noch von 5,5 Millionen Euro Baukosten.
Brisant dabei: Die Protokolle tragen die Unterschrift von Jochen Riebel, dem Sprecher des Vermögensverwaltungsrats, der sich nun als Betrogener darstellt. Über das wahre Volumen des Baus wurde er getäuscht, gegen die Aufnahme eines Zwischenkredits hat er protestiert und am Ende die Lüge ans Licht gebracht. Aber auch er wusste, dass der Bau wesentlich teurer werden würde als dargestellt, er akzeptierte per Unterschrift, dass der Bischöfliche Stuhl ohne gültigen Haushalt blieb.
Laut Bild-Zeitung hat der Vermögensverwaltungsrat Bischof und Generalvikar sogar pauschal ermächtigt, "über den Haushaltsplan hinaus gehende Verpflichtungen einzugehen". "Wenn das so ist, dann haften die Mitglieder womöglich sogar mit dem eigenen Vermögen", sagt der Münsteraner Kirchenrechtler Thomas Schüller, der als persönlicher Referent des emeritierten Bischofs Franz Kamphaus mit den Limburger Verhältnissen vertraut ist. Mehr noch als die Bausumme trifft ihn "das Klima der Angst und Geheimhaltung", das im Bistum geherrscht habe - "wer mit Kritik kam, der wurde fertiggemacht".
Dem Generalvikar könnte nun die Baufinanzierung zum Problem werden: Der Bischöfliche Stuhl hat 2011 Wohnungen in Frankfurt an das Bistum verkauft, man brauchte wieder mal Geld. Das brachte 6,8 Millionen Euro, der tatsächliche Wert der Immobilien lag weit darüber. Die Staatsanwaltschaft Limburg prüft nun den Verdacht der Untreue. Schüller: "Ein Generalvikar unter Untreueverdacht - das ist ein Novum."