SZ-Kolumne "Bester Dinge":Carpe noctem, Baby!

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(Foto: Evan Agostini/dpa)

In Cambridge macht man sich Gedanken, wie der Lateinunterricht zu retten ist. Müssen jetzt alle Schüler Taylor Swift übersetzen?

Von Moritz Geier

Ach, was ist dieses Latein verstaubt und gestrig. Mit Feldherren, die sich ihre Angriffskriege schönreden, will man sich heutzutage nun wirklich nicht mehr beschäftigen. Oder dieser Ovid, damit können doch Jugendliche nichts anfangen. Schreibt der nicht sogar über Sex?

Wie der Guardian berichtet, hat ein Fachmann der Cambridge University endlich einen neuen Leitfaden dafür geschrieben, wie man dieser mausetoten Sprache wieder Leben einhaucht. Britischen Lehrerinnen und Lehrern legt er nahe, Latein eher wie eine moderne Fremdsprache zu unterrichten: Statt stur Grammatik zu pauken, sollen Schülerinnen also ermuntert werden, Latein auch zu sprechen, nein, lieber gleich zu singen! Und wenn man schon beim Singen ist: Warum die Schüler nicht einfach mal was Lebensnahes übersetzen lassen? Lieder von Taylor Swift zum Beispiel.

"Long night, with your hands up in my hair", heißt es in einem Song der US-Amerikanerin, man könnte auch sagen: carpe noctem. An anderer Stelle: "Put your lips close to mine / As long as they don't touch" (favete linguis!). Und dann noch das hier: "In my dreams you should see the things we do, baby". O tempora, o mores!

Ovid kann da natürlich endgültig einpacken. Oder doch nicht? Eine so schöne und präzise Sprache wie Latein, hat Cees Nooteboom geschrieben, werde es nie wieder geben. Er verweist auf die Diskrepanz zwischen Original und Übersetzung: "Links die wenigen, gemessenen Worte, die gemeißelten Zeilen, rechts die volle Seite, der Verkehrsstau, das Wortgedränge, das unübersichtliche Gebrabbel." Womöglich ist das größte Problem des Lateinischen heutzutage ganz einfach, dass Gebrabbel so dermaßen angesagt ist.

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