Touristisch läuft es gerade echt super für Gelsenkirchen. Selbst ehemalige Billigunterkünfte („Gemeinschaftsbad absolut dreckig“; „sehr hellhörig“) verlangen mehr als 800 Euro. Und das hat weder was mit dem „Strickliesel-Kurs“ mit Frau Kubitzki in der Stadtteilbibliothek Horst (18. Juli, 14 bis 16 Uhr) zu tun, noch mit dem „Sommerferienkurs Graffiti“ an der Gelsenkirchener Kunstschule (19. Juli, 10 Uhr). Es hat, ist ja klar, mit Taylor Swift zu tun. Drei Konzerte gibt die Sängerin zwischen 17. und 19. Juli in der Stadt, von der gerade ein britischer Fußball-Heini im Netz behauptete, es handele sich um ein „absolute shithole“. Blödsinn!
Doch für den Tourismus ist auch Negativwerbung nicht schlecht. Da muss man nur mal die Leute in Eisenhüttenstadt fragen. Die profitieren noch heute davon, dass US-Schauspieler Tom Hanks im Jahr 2011 in der Late-Night-Show von David Letterman von „Iron Hut City“ schwärmte. Gerade erst wurde Eisenhüttenstadt von einem Reisemagazin zu einem der 23 Top-Orte 2023 gekürt. Und auch in Kasachstan stiegen die Visa-Anträge gleich nach dem Borat-Film.
Die Sache mit dem „shithole“ also: geschenkt. In Gelsenkirchen, wo jeder glücklich ist, der bereits vor der Fußball-EM einen Airbnb-Auftritt hatte, gehen die Preise jetzt wieder durch die Decke. In der Zechenkolonie Flöz Dickebank etwa (Online-Kommentare: „komische Gegend“, „Schimmel an der Decke“, „direkt gegenüber eine Kirche“) muss man mehr als 1000 Euro für ein sehr bodenständiges Zwei-Bett-Zimmer hinblättern. Richtig dumm ist das alles nur für Kerstin-Ott-Fans. Ott („Für immer Dich“) ist nämlich so eine Art deutsche Taylor Swift und tritt – ausgerechnet – am 18. Juli im Gelsenkirchener Amphitheater auf. Sollten Sie also in der Stadt (oder ihrer weiteren Umgebung) für diesen Tag noch ein Bett oder einen Platz für eine Ott-Fan-Isomatte haben, es kann auch schimmlig und gegenüber der Kirche sein: Bitte melden Sie sich!
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