Ostsee:Havarierter Öltanker bis vor Sassnitz geschleppt

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Bisher ist unklar, wann und wo der Tanker Eventin repariert werden soll. (Foto: Handout/Havariekommando/AFP)

Die „Eventin“ hat 99 000 Tonnen Öl an Bord. Das der russischen Schattenflotte zugerechnete Schiff havarierte nördlich von Rügen und musste abgeschleppt werden.

Nach stundenlanger Schleppfahrt ist der in der Ostsee nördlich von Rügen havarierte Tanker Eventin am frühen Sonntagmorgen vor dem Stadthafen von Sassnitz angekommen. Auf einer Reede rund fünf Kilometer vor der Küste werde das manövrierunfähige Schiff von zwei Schleppern in Position gehalten, sagte ein Sprecher des Havariekommandos. Eine Reede ist ein Ankerplatz zum Beispiel vor Häfen, wo Schiffe warten können.

Der mit rund 99 000 Tonnen Öl beladene Tanker soll so lange dort bleiben, bis über das weitere Vorgehen entschieden ist. „Das Havariekommando bewertet die Lage als stabil“, teilte der Sprecher mit. Das Wetter habe sich verbessert. Am Morgen herrschte den Angaben zufolge Windstärke 5 - dem Deutschen Wetterdienst zufolge fallen darunter Windgeschwindigkeiten zwischen 30 und 35 Kilometer pro Stunde. Der Wind solle über den Tag weiter nachlassen. „Die gewählte Position bietet zudem Schutz vor den nördlichen Winden“, hieß es.

An Bord der 274 Meter langen Eventin befinden sich 24 Besatzungsmitglieder. Bisher ist unklar, wann und wo der Tanker repariert werden soll. Er hatte in der Nacht zum Freitag einen Totalausfall der Systeme, einen sogenannten Blackout, erlitten. Stundenlang trieb das Schiff führerlos auf der Ostsee.

Rettungsteams gelang es am Freitagnachmittag, auf hoher See Schleppverbindungen zur Eventin herzustellen. Das Schiff sei dicht, für die Umwelt bestehe keine Gefahr, hatte eine Sprecherin des Havariekommandos gesagt.

Zieländerung während des Abschleppens

Mehrere Schlepper zogen die Eventin seit dem frühen Samstagmorgen zunächst in Richtung eines Seegebiets nordöstlich von Rügen. Im Laufe des Tages wurde der Plan geändert und das neue Ziel hieß Reede des Stadthafens von Sassnitz. In der Nähe des ursprünglichen Zielorts gibt es zahlreiche Windkraftanlagen im Meer.

Die Reederei, der der Tanker gehört, hat ihren Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die Umweltorganisation Greenpeace rechnet das 2006 gebaute Schiff zur sogenannten russischen Schattenflotte. Mit solchen Schiffen wird russisches Öl trotz der Sanktionen gegen das Land exportiert. Sie sind oft überaltert.

Die Eventin war von Ust Luga in Russland nach Port Said in Ägypten unterwegs. Außenministerin Annalena Baerbock hatte Russland vorgeworfen, mit seiner Schattenflotte schwere Umweltschäden in Kauf zu nehmen und zugleich den Tourismus zu gefährden.

Mehr Sicherheit für Ostsee-Schifffahrt gefordert

Der Geschäftsführer des Tourismusverbandes Mecklenburg-Vorpommern, Tobias Woitendorf, nahm die Havarie zum Anlass, die Forderung seines Verbandes nach besseren Sicherheitsvorkehrungen in den verkehrsreichen Gewässern der Ostsee zu erneuern. „Gefahrenabwehr darf nicht erst im Schadensfall beginnen. Das muss präventiv und international abgestimmt erfolgen. Das Thema sollte man auf bundespolitischer Ebene höher hängen“, sagte er.

Die Kadetrinne nördlich von Rostock ist eine der schmalsten und schwierigsten Passagen in der Ostsee. Bis zu 200 Frachtschiffe durchfahren pro Tag die zum Teil nur etwa 1000 Meter breite Engstelle, in der es schon häufiger zu Havarien kam. Deshalb gibt es immer wieder auch Forderungen nach Lotsenpflicht dort. 2001 etwa hatte der Zuckerfrachter Tern den Öltanker Baltic Carrier gerammt, woraufhin rund 2700 Tonnen Öl an die dänische Küste gespült wurden.

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Von Jan Diesteldorf, Raphael Geiger und Ben Heubl

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