Süddeutsche Zeitung

SZ-Kolumne "Bester Dinge":Wer braucht schon Karaoke-Bars, wenn es Taxis gibt

Wie ein taiwanischer Taxifahrer seine Kundinnen und Kunden zum Singen animiert und ein Teil von ihnen sogar gratis mitnimmt.

Von Veronika Wulf

Man stelle sich kurz vor, jemand, der singt, bereite anderen einfach nur Freude und sei keine Aerosol-Schleuder. In Taiwan ist das wirklich so, der Inselstaat hatte den Behörden zufolge seit April nur einen einzigen Corona-Fall. In der Hauptstadt Taipeh wäre es allerdings untertrieben, Singen als bloße Freude zu bezeichnen. Es ist eher eine Art nationale Passion - und zwar in Form von Karaoke.

Aber nicht nur in den Karaoke-Bars der Stadt, sondern auch unterwegs lässt sich "My Heart Will Go On" schmettern, wie der Guardian jüngst berichtete. Sogar im Taxi. Mit der örtlichen Taxi-App kann man einen englischsprachigen Taxifahrer oder ein rollstuhlgerechtes Auto anfragen und es gibt eben auch die Option "Karaoke". Tu Ching Liang, 57, fährt eines dieser mit Mikrofon und Partybeleuchtung ausgestatteten Taxis und er sei, wie er in der britischen Zeitung etwas großspurig behauptet, der berühmteste Karaoke-Taxifahrer der Stadt.

Wer bei ihm singe, bekomme Preisnachlass, manche nehme er sogar gratis mit oder zahle ihnen Geld für die Gesangsleistung. Er wolle den Leuten helfen, vielleicht berühmt zu werden, sagt Tu Ching Liang. Schließlich veröffentlicht der Taxifahrer Videos der trällernden Fahrgäste auf Youtube. Manche Auftritte werden millionenfach aufgerufen.

Auch für ihn selbst lohnten sich die Gratisfahrten, meint Tu Ching Liang. Das Trinkgeld sei dann oft höher als der eigentliche Fahrpreis. Was er nicht immer verrät: Das Taxi verfügt über Außenlautsprecher. Die Sängerinnen und Sänger unterhalten also nicht nur ihn, sondern die Passanten gleich mit.

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