Tagebuch aus Muzaffarabad (X):Von der Schönheit der Wurmeier

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Es ist Eid - ein hoher moslemischer Feiertag. Aber wir machen Unterricht.

Hanne Fleischmann

Eigentlich ertreckt sich der Eid aus mehrere Tage, vom elften bis zum 13. Januar. In dieser Zeit ist auch das Gesundheitszentrum des Roten Kreuzes geschlossen.

Wir haben die letzten Wochen 11 Stunden an 6 Tagen der Woche gearbeitet, da können wir ein paar Tage Freizeit gebrauchen.

Um die Zeit sinnvoll zu überbrücken, kam unsere Chefin auf die Idee, eine Fortbildung für die Tage zu organisieren.

"Wer ist bereit, etwas dazu beizutragen?" Wohl eine Mitarbeiterin, die sich gut in der Parasitologie auskennt und noch dazu mit einigen Präparaten angereist ist. Ich also.

"Kannst du nicht etwas über die kleinen "Untermieter" in unserer Umgebung erzählen?", werde ich gefragt. Ich kann.

3,5 Milliarden Infektionen jährlich

Aber zwei Lerntage vorzubereiten, das ist schon etwas Arbeit. Ich organisiere vier Mikroskope, baue einen Unterrichtsraum in meinem Labor auf und stelle einige Power-Point Präsentationen zusammen.

Zehn Teilnehmer haben sich angemeldet, natürlich werden es mehr. Immer wieder kommen Zuhörer aus dem Krankenhaus zeitweise dazu.

Der Mittwoch ist den Blutparasiten vorbehalten. Malaria gibt es auch in Pakistan, indes die mildere, nicht lebensbedrohlich Variante.

Wir stellen Blutausstriche her, färben sie und sehen uns die Präparate an.

Haide Beckmann, die Gruppenleitern komplettiert die Vorträge mit klinischen Bildern und einem Bericht über mögliche Therapien der Krankheit.

Unglaublich was Haide alles weiß. Sie kennt so viele Differentialdiagnosen bei den tropischen Erkrankungen.

Am zweiten Tag wurden dann die Darmparasiten behandelt, die nicht nur hier sondern auch in vielen anderen Teilen der Welt präsent sind.

3,5 Milliarden Infektionen gibt es pro Jahr, da ist man wahrlich nicht alleine, wenn man einen Wurm hat.

Es ist nur unsere sterile Welt, die das nicht mehr zulässt. Unsere Eltern und Großeltern sind damit groß geworden.

Jeden Tag werde ich im Labor damit konfrontiert und ich möchte auch meine Mitarbeiter an der Schönheit der Wurmeier teilnehmen lassen. Leider findet meine Begeisterung nicht überall Freunde. Stuhluntersuchung ist nicht jedermanns Sache.

Doch am Ende kann ich wenigstens einen Teil der Leute für mein Fachgebiet gewinnen. Es ist nicht möglich, in zwei Tagen Laboranten auszubilden, aber ich kann die Mitarbeiter doch für die Erkrankungen durch die Würmer interessieren.

Nach zwei Tagen bin ich fertig, von 9 Uhr bis 17 Uhr Unterricht, da weiß man was man getan hat. Um 21.00 Uhr falle ich todmüde ins Bett.

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