Tagebuch aus Muzaffarabad (VII):"Technician on call for Michael"

Das neue Jahr beginnt so, wie es nicht beginnen soll.

Michael Breunig

Wir versammeln uns alle um 19.00 Uhr zum Abendessen, der Campmanager hat uns mit seinen einfachen Mitteln ein ausgezeichnetes Abendessen gezaubert. Zum Anstoßen auf das Neue Jahr bekommen wir Tee, Wasser, Cola, Apfel- und Orangensaft - mal was anderes.

Tagebuch aus Muzaffarabad (VII): Ein Flüchtlingscamp in Muzaffarabad in der Dämmerung

Ein Flüchtlingscamp in Muzaffarabad in der Dämmerung

(Foto: Foto: AP)

Wir sitzen zusammen, jeder erzählt von seinen Bräuchen in der Heimat, wir sind ja eine internationale Gruppe.

Die Australier hatten zu Hause schon ihr Neujahr, die Europäer müssen noch ein paar Stunden warten.

Gegen 21.00 Uhr treffen wir uns in Zelt 16, das ist der Treffpunkt der deutschen Gruppe und die Schlafstelle der Teamleiterin. Wir wollen spielend auf das Neue Jahr warten.

Wir haben viel Spaß, ehe wir uns versehen ist es 24.00 Uhr, in Pakistan schreiben wir das Jahr 2006. Happy New Year! Klingt es von allen Seiten.

Vorsätze haben wir keine, nur den Wunsch dass das Wetter hält. Uns geht es ja noch relativ gut mit unseren doppelwandigen Zelten, die Bevölkerung ist nicht immer so gut ausgestattet und vor allem sind die Drainagen um ihre Zelte nicht regelmäßig gereinigt.

Sie wurden zwar am Anfang gelegt, wenn man sie aber nicht immer wieder säubert, sind sie schnell mit Müll und Staub gefüllt. Das Wasser kann dann nicht abfließen.

Um 0.30 Uhr fängt es an zu tröpfeln, wir verziehen uns ins Bett. Gegen 5.10 Uhr poltert es gegen meinen Zelteingang, ich bin der Erste der aufwacht (wir schlafen zu dritt im Zelt).

Um mich ist alles dunkel, vor der Zelttür steht jemand mit der Taschenlampe und meldet dass der Strom ausgefallen ist. Eigentlich habe ich keinen Dienst.

Ich ziehe mich trotzdem an und suche meinen Kollegen aus Finnland, der Nachtschicht im Krankenhaus hat. Ich versuche es über das Radio, "Technician on call for Michael" niemand antwortet.

Wo ist der Kerl bloß! In der Kantine befindet sich ein Lageplan der Zeltbelegung. In Zelt zwei soll er sein, das Zelt ist jedoch leer. Wieder die Suche nach dem Verantwortlichen. Der Techniker ist umgezogen in Zelt drei, dort kommt er auch verschlafen aus seinem Bett.

Er schaltet den Generator ein und es wurde Licht. Jetzt muss ich noch in unsere Basic Health Care Unit. Ein Fahrer bringt mich dorthin, ich werfe den Generator an und jetzt ist auch die Stromversorgung auch dort gewährleistet.

Ich wollte gerade wieder in unsere Unterkunft fahren, da kam der Stadtstrom zurück. Jetzt konnte ich den Generator wieder abstellen - eine Stunde war vergangen.

Eigentlich kann ich jetzt auch meiner Freundin noch ein gutes neues Jahr wünschen, in Deutschland schreiben wir nun auch 2006.

Auf ein paar Minuten mehr oder weniger kommt es jetzt auch nicht mehr an. Dann legte ich mich wieder in meinen Schlafsack und hoffte, dass der Strom die nächsten paar Stunden durchhält.

Es regnet in Strömen, ich möchte nur noch ins Bett, das Jahr fängt schon gut an.

(Fortsetzung folgt ...)

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