Süddeutsche Zeitung

SZ-Serie "Ein Anruf bei":Torsten Roth, Corona-Bäcker

Darf man als Konditor mit Coronaviren aus Schokolade und Klopapier als Torte Geld machen? Torsten Roth aus Erfurt meint: Ja. Auch ihn plagen derzeit große wirtschaftliche Sorgen.

Von Selma Badawi

Der Erfurter Konditor Torsten Roth bietet in seinem Laden neuerdings Coronaviren, Desinfektionsmittel, Konservendosen und Toilettenpapier als Süßigkeiten und Süßspeisen an.

SZ: Herr Roth, was möchten Sie Ihren Kunden mit dieser Aktion vermitteln?

Torsten Roth: Man sollte die Aktion mit einem Augenzwinkern sehen. Wir wollen Corona nicht verharmlosen - aber wenn man alles nur noch verbittert sieht, hilft das auch keinem weiter. Mein Hamster-Angebot bietet lustige essbare Kopien jener Produkte, die in Drogerien gerade wegen Corona sehr gefragt sind. Unsere Klopapierrollen zum Beispiel sind in Wirklichkeit verkleidete Torten.

Und wie kamen Sie auf diese Idee?

Anfang März waren wir noch auf der Messe Erfurt. Bei der Thüringen-Ausstellung gibt es immer einen Konditorentag. Aber da war wegen Corona schon kaum etwas los. Also haben wir uns überlegt, wie man die Leute etwas aufheitern könnte. Zwei Tage später hielten wir unsere ersten bunten Corona-Pralinen in den Händen.

Und wie schmeckt so ein Virus auf der Zunge?

Nach Sahne-Nougat. Daraus besteht die Füllung der Schokokugel. Außen ist sie mit Marzipan ummantelt. Diese Rezeptoren, die wie Härchen abstehen, werden mit Eiweißglasur aufgespritzt. Das ist auch ein bisschen aufwendig. Am lustigsten sind unsere Antikörper. Die haben Augen und Mundschutz.

Wie kommt das Angebot bei den Kunden an?

Beim Großteil der Kunden kommt es gut an. In den ersten Tagen gab es einen richtigen Hype. Der ist mittlerweile aber wieder abgeflacht.

Gibt es Kunden, die das gar nicht lustig finden?

Es gab ein paar feindselige E-Mails, und auf Facebook ging es richtig böse zur Sache. Man hat uns vorgehalten, dass wir mit dieser Krise Geld machen wollen, und sich beschwert, dass wir das Leid ins Lächerliche ziehen. Aber das ist natürlich nicht der Fall. Wir wollen niemand Betroffenem zu nahe treten, sondern den Leuten einen Grund zum Lächeln geben. Einen Kritiker von Facebook haben wir dann blockiert und ihm unsere Sicht nahegelegt - aber keine Einsicht.

Wenn die Lage nun noch lange so bleibt, wie wird sich das auf Ihren Betrieb auswirken?

Auch wenn wir unseren Humor nicht verlieren, sind wir als Unternehmen genauso betroffen wie alle anderen. Ich weiß nicht mehr, wie ich meine Angestellten in Zukunft bezahlen soll, wenn das so weitergeht. Unsere Lieferaufträge an Schulen, Hotels und Kantinen sind fast alle weggebrochen. Also wenn das so bleibt, muss ich irgendwie versuchen, eine Lösung zu finden.

Wie wäre es mit einem gebackenen Impfstoff?

Ja, wir hatten tatsächlich schon mal überlegt, ob wir kleine Spritzen formen oder so was in die Richtung.

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