SZ-Kolumne „Bester Dinge“Das Dorf und das Sex-Festival

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So ungestört zweisam wie auf diesem Symbolbild geht es auf dem „Swingathon“, dem größten Swinger-Festival Großbritanniens, vermutlich weniger zu.
So ungestört zweisam wie auf diesem Symbolbild geht es auf dem „Swingathon“, dem größten Swinger-Festival Großbritanniens, vermutlich weniger zu. (Foto: IMAGO/Dreamstime)

Die Landbevölkerung hat es nicht immer leicht, mit all den lauten Zeltfestivals vor ihrer Haustür. Besonders unangenehm trifft es die Bewohner von Allington in Mittelengland: Dort feiern rund tausend angereiste Swinger.

Von Martin Zips

Als Landbewohner wird man ja ohnehin oft stark gebeutelt. Den Tante-Emma-Laden gibt’s nicht mehr, der Bus kommt nur noch alle drei Stunden und das Gasthaus hat jetzt auch noch dichtgemacht. Zum Glück gibt es da und dort noch eine Künstlerinitiative, die in der leergeräumten Dorfkirche ab und zu eine Lesung mit Autoren von Regionalkrimis veranstaltet. Und natürlich profitieren auch alle von diesen Sommer-Festivals, für die auf den Wiesen und Feldern Zelte aufgebaut werden. Obwohl es manchmal schon nervtötend sein kann, dieses Geklimper gealterter Klassik-Stars gleich hinter dem Heustadl. Aber dann sagt man sich eben: Hauptsache, kein Heavy-Metal-Ding wie in Wacken!

Obwohl die knapp 600 Bewohner des mittelenglischen Dorfes Allington dieser Tage jetzt auch nicht zu beneiden waren: Bereits zum fünften Mal hatte man vor ihren Haustüren zum „Swingathon“-Festival geladen, und da muss man jetzt wirklich nicht erklären, was dort das Thema war. Die Beats jedenfalls waren für den ein oder anderen unfreiwilligen Zuhörer noch unangenehmer, als wenn Angel Witch und Nailbomb gleichzeitig am Gartentrampolin aufgetreten wären. Es wird sogar berichtet, einigen älteren Menschen und Familien mit Kindern sei nachmittags der Tee wieder hochgekommen, wegen der Paarungslaute. Die Zeitung Express zitiert Bürger, die das jährliche Treiben „schäbig“ nennen und keine Lust auf eine Fortsetzung haben. Nur die Organisatoren wiegeln ab und verteidigen den hüllenlosen Spaß als „Event für einen alternativen Lebensstil“.

Gut: Das mit dem alternativen Lebensstil kapiert man auch bei der Künstlerinitiative. Oder als Großstädter, der einst ganz bewusst aufs Land gezogen ist, weil es so schön ist, mit dem VW-Bus in der Natur. Aber das Leben ist kein Honey-Hof! Und deshalb kann man die Bürgerinnen und Bürger von Allington ja schon verstehen, wenn sie endlich mal wieder ihre Ruhe haben wollen.

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