Fall Susanna F.:Staatsanwaltschaft fordert Höchststrafe für Ali B.

Plädoyers im Prozess im Susanna-Prozess

Der Angeklagte Ali B. im Landgericht Wiesbaden

(Foto: dpa)
  • Susanna F. war im Mai 2018 in Wiesbaden vergewaltigt und getötet worden.
  • Der Angeklagte Ali B. hat den Mord gestanden.
  • Die Staatsanwaltschaft fordert für ihn eine lebenslange Haftstrafe und die Feststellung der besonderen Schwere der Schuld.

Im Prozess um den Mord an der 14-jährigen Susanna F. hat die Staatsanwaltschaft eine lebenslange Haftstrafe für den Angeklagten Ali B. gefordert. Sie beantragte zudem die besondere Schwere der Schuld festzustellen. Eine vorzeitige Haftentlassung nach 15 Jahren wäre damit so gut wie ausgeschlossen. Der Angeklagte habe ein Verbrechen begangen, das an Abscheulichkeit kaum zu überbieten sei, erklärte die Staatsanwältin vor dem Wiesbadener Landgericht. Er sei kaltblütig vorgegangen und habe ein Leben ausgelöscht, das in seinen Augen keinen Wert gehabt habe. Die Verteidigung verzichtete auf einen Strafantrag, betonte aber, dass der Angeklagte die Tat eingeräumt und Reue gezeigt habe.

Die Mutter des Opfers sagte unter Tränen, die Tat sei durch nichts wieder gut zu machen. "Ich habe bereits lebenslänglich bekommen, obwohl ich keine Schuld trage." Nach der Tat habe sie ein halbes Jahr lang das Zimmer ihrer Tochter nicht betreten können. Erst als all ihre Sachen in Kartons verstaut worden waren, habe sie sich hinein gewagt. "Ein Teil meines Herzens ist mit Susanna gegangen."

Susanna F. war im Mai 2018 vergewaltigt und erwürgt worden. Der 22-jährige Ali B. hat den Mord gestanden, die Vergewaltigungsvorwürfe streitet er ab. Die beiden hatten sich vor der Tat schon eine Weile gekannt. Sie hätten einvernehmlichen Sex in einem Gebüsch gehabt, sagte Ali B. vor Gericht. Auf dem Nachhauseweg seien sie dann in einen Streit geraten, Susanna habe gedroht, ihn anzuzeigen. Da sei ihm schwarz vor Augen geworden. Nur an das Verscharren der Leiche will sich der Angeklagte wieder erinnern können. Auf die Frage, weshalb er das Mädchen angegriffen habe, antwortete er: "Ich weiß es nicht."

Er habe damals viel Alkohol und andere Drogen konsumiert, sagte Ali B. weiter. Er und seine Familie waren als Flüchtlinge aus dem Irak nach Deutschland gekommen und lebten damals in einer Unterkunft im Südosten von Wiesbaden. Am ersten Prozesstag im März hatte Ali B. sich bei den Angehörigen von Susanna entschuldigt. "Ich weiß, dass (meine Tat) schlimm ist und weh tut. Ich kann es nicht wieder gut machen", sagte er. Er habe im Gefängnis viel nachgedacht, sei ein anderer Mensch geworden.

Eine Gutachterin, die später im Prozess auftrat, zeichnete ein anderes Bild. Sie sehe bei ihm keine Spur von Bedauern, Mitleid oder Reue, sagte die Psychiaterin. Ali B. habe eine schwere Persönlichkeitsstörung, sei nur auf seine eigenen Bedürfnisse konzentriert und manipuliere dafür auch andere Menschen. Unter Alkohol werde er aggressiver, sei aber nicht drogenabhängig. Die Gutachterin sieht bei Ali B. "ein festes Frauenbild". Eine Frau gehe in seiner Vorstellung nicht arbeiten oder alleine auf die Straße, stattdessen solle sie putzen und kochen.

Der Angeklagte muss sich noch wegen weiterer schwerwiegender Vorwürfe vor Gericht verantworten: Im März 2018 soll er zusammen mit einem mindestens 14 Jahre alten Afghanen ein elfjähriges Mädchen vergewaltigt haben. Außerdem wird Ali B. mit einem Raubüberfall in Verbindung gebracht, der sich im April 2018 ereignete.

Der Fall Susanna war zu einem Politikum geworden, weil es Ali B. und seiner Familie gelang, zehn Tage nach der Tat mit gefälschten Papieren in ihre Heimat zu fliehen. Eine kurdische Ermittlungsbehörde spürte den Angeklagten zwei Tage später im Nordirak auf und übergab ihn an die Bundespolizei.

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