SZ-Kolumne „Bester Dinge“:Make Sueton great again!

Lesezeit: 1 Min.

Was für ein Comeback: Sueton wird wieder eifrig gelesen. (Foto: Public Domain)

Die 2000 Jahre alten „Kaiserviten“ des römischen Dichters Sueton haben es überraschend auf die Bestsellerliste der britischen „Sunday Times“ geschafft.  Sagen sie uns denn auch etwas über Donaldus Trumpus?

Von Alexander Menden

Dem römischen Kaiser Domitian wird der Spruch zugeschrieben: „Ein Herrscher, der Denunzianten nicht züchtigt, ermutigt sie.“ Das wirkt zahm angesichts dessen, was der derzeitige US-Präsident so über Leute sagt, die ihm nicht passen. Für ihn müsste man den Satz wohl so anpassen: „Wenn ein Herrscher selbst der größte Denunziant ist, brauchen die übrigen keine Züchtigung zu fürchten.“

Entnommen ist das Zitat übrigens den „Kaiserviten“ des römischen Schriftstellers Sueton, in deren acht Büchern er das Leben Caesars und der Kaiser von Augustus bis Domitian beschreibt. Diese Biografiensammlung aus dem zweiten Jahrhundert strotzt vor saftigen Anekdoten, etwa über die bizarren Sexpraktiken des Tiberius oder den Versuch Caligulas, Krieg gegen das Meer zu führen.

Jetzt hat „De vita Caesarum“ es überraschend auf die Bestsellerliste der britischen Sunday Times geschafft. Das liegt sicher unter anderem daran, dass Tom Holland – nicht der Spider-Man-Darsteller, sondern der gleichnamige Historiker – gerade eine neue englische „Kaiserviten“-Übersetzung herausgebracht hat. Jüngst widmete Holland Sueton vier Folgen seines Geschichtspodcasts „The Rest is History“, die mehr als 17 Millionen Mal heruntergeladen wurden. Von so einer Reichweite konnte selbst Suetons Gönner Kaiser Hadrian nur träumen.

Holland selbst hat laut Guardian darauf verwiesen, dass das politische System der USA nach dem Vorbild des alten Rom entwickelt wurde: „Aber die römische Republik“, so Holland, „endete als Autokratie, und so gab es auch in Amerika immer die Angst, ein republikanisches Regierungssystem könnte in eine Autokratie münden.“ Eine Angst, die im Moment wohl besonders stark ausgeprägt ist.

Diese Sorge hat jetzt anscheinend viele Menschen zur Lektüre eines 2000 Jahre alten Klassikers animiert. Und so darf man festhalten, dass Imperator Donaldus Trumpus, dem Sueton womöglich den Beinamen aurantius, der Orangefarbene, geben würde, mit seiner Politik erstmals einen wirklich positiven Effekt erzielt hat – ganz unabsichtlich, natürlich.

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