Südostasien:Mehr als 1,8 Millionen Menschen unversorgt

Auch neun Tage nach der Flutkatastrophe sind noch immer viele Menschen ohne Hilfe. Die UN befürchten nun eine zunehmende Kindersterblichkeit in den betroffenen Gebieten - erste Anzeichen für eine erhöhte Todesrate gibt es bereits.

Die UN warnte davor, dass Tausende verhungern oder an Krankheiten sterben könnten, weil Versorgungsgüter nicht rechtzeitig ankämen.

Kinder seien besonders betroffen, berichtete der Beauftragte für humanitäre Einsätze, Jan Egeland, in New York.

Es gebe unter ihnen bereits erste Anzeichen für eine erhöhte Todesrate. Egeland verwies auf die Zunahme von Durchfallerkrankungen wegen mangelnder Hygiene.

Man müsse wenigstens ein paar Millionen Menschen mit sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen versorgen, sagte Egeland. Dies sei ein Wettlauf gegen die Uhr.

Hilfsorganisationen rechnen damit, dass es einige Tage dauern könnte, bis auch die entlegensten Gegenden erreicht werden.

Von der Naturkatastrophe am schlimmsten betroffen ist nach den Worten Egelands die Westküste der indonesischen Insel Sumatra.

Es sei mittlerweile klar, dass die Westküste der indonesischen Insel noch stärker überschwemmt worden sei als die Stadt Banda Aceh im Norden von Sumatra, sagte Egeland weiter. Viele Dörfer dort seien spurlos verschwunden.

Dieses Gebiet sei trotz der allgemeinen Fortschritte bei der Katastrophenhilfe in Asien noch immer von jeder Unterstützung abgeschnitten.

Er wisse nicht einmal, ob dort Zehntausende oder Hunderttausende von Überlebenden ausharrten und wie viele Menschen ums Leben gekommen seien, sagte der UN-Beauftragte.

Möglicherweise würden in dem Gebiet noch Zehntausende von Toten gefunden werden.

Kein Obdach, kein sauberes Trinkwasser

Im Osten Sri Lankas war ein Mitarbeiter des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) zu einem Dorf vorgedrungen, das seit der Flutkatastrophe vom 26. Dezember total von der Außenwelt abgeschnitten ist.

Die 4000 Menschen in dem Ort Kayathrikira haben kein Obdach, kein sauberes Trinkwasser und keine geregelte Versorgung mit Nahrungsmitteln, wie UNHCR mitteilte. Am Dienstag sollte mit der Versorgung der Bewohner begonnen werden, von denen rund 1500 Kinder sind.

Bei dem Erdbeben vor der Küste Sumatra und den dadurch ausgelösten Flutwellen am 26. Dezember starben nach jüngsten UN-Angaben etwa 150.000 Menschen. Doch könne diese Zahl noch erheblich steigen, sagte Egeland, da viele Städte und Ortschaften auf Sumatra völlig zerstört seien. Das Sumatra-Beben hatte die Stärke 9,0 auf der Richterskala.

Zur Versorgung von Hunderttausenden mit Trinkwasser, Nahrung und Medizin sind in den Katastrophengebieten inzwischen Hubschrauber, Flugzeuge, Schiffe und Lastwagen im Dauereinsatz. Dadurch konnte die internationale Hilfe auch in abgelegenere Gebiete gelangen.

Der UN-Chefkoordinator für Indonesien, Michael Elmquist beklagte nach einem Bericht der Washington Post jedoch, dass nur ein Achtel der Hilfsgüter wegen fehlender Infrastruktur und logistischer Probleme die Bedürftigen auf der am stärksten betroffenen Insel Sumatra erreiche.

Vom Flugzeugträger "USS Abraham Lincoln" vor Sumatra werden seit Samstag Betroffene mit Hilfsgütern aus Militärhubschraubern versorgt.

In der besonders schwer betroffenen Stadt Galle im Südwesten Sri Lankas wurden US-Soldaten zur Katastrophenhilfe erwartet. Die USA wollen eine Vorhut von 200 Marines nach Galle schicken, letztendlich sollen 1500 Soldaten und ein Hubschrauber-Träger mit 20 Helikoptern nach Sri Lanka kommen. In Thailand werden zum Bergen von Leichen und zu Aufräumarbeiten Elefanten eingesetzt.

Flugzeug von der Landebahn abgekommen

Am Morgen musste der Flughafen in Banda Aceh vorübergehend für Hilfsflüge gesperrt werden, nachdem ein Transportflugzeug von der Landebahn abgekommen war.

Nach offiziellen Angaben stieß die Boeing 737 nach der Landung gegen 01.00 Uhr nachts mit einer Kuhherde zusammen und rutschte von der Piste. Die Maschine hatte Kommunikationsausrüstung geladen. Bei dem Zwischenfall wurde offenbar keiner der vierköpfigen Besatzung verletzt.

Auf den südindischen Nikobar-Inseln nahm eine Gruppe wütender Überlebender einen Beamten und einen Polizeichef als Geiseln, um gegen unzureichende Hilfsmaßnahmen zu protestieren, wie die indische Zeitung Hindustan Times berichtete.

Die Überlebenden hatten demnach vier Tage lang ohne Lebensmittel ausgeharrt, bevor sie sich durch den Dschungel zu einem Stützpunkt in der Campbell-Bucht schlugen, wo sie den Beamten und Polizisten beim Essen vorfanden.

Sie wurden später freigelassen, nachdem sie versprochen hatten, für Nahrungsmittel zu sorgen. Hilfsorganisationen zufolge warteten noch immer einige Inselbewohner der Region auf Hilfe, hieß es.

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